Donnerstag, 14. Juli 2011
Zero Degrees of Empathy
Die Kritik geht noch weiter und ich möchte sie hier nicht übersetzen, aber allen, die englisch können, sei der Artikel ans Herz gelegt.

Dienstag, 22. Februar 2011
Die Ergebnisse meiner kleinen Umfrage
Beteiligt hatten sich 19 Personen 15 davon weiblich, nur 4 Personen männlich. Trotz der grossen “Werbung” auf AllesEvolution beteiligte sich von dieser Seite nur eine Person. So waren die meisten Teilnehmer Stammleser meines Blogs und einige folgten einer Bitte um Beteiligung auf dem Blog Mädchenmannschaft. Wenig überraschend daher die hohe Beteiligung von Personen mit Trans- oder Intersexuellem Hintergrund (9 Personen).
Eine erste grosse Überraschung ergab sich dagegen aus der Beteiligung von Intelligenz. Keine Person hatte einen IQ unter 100. Ich habe eine kleine Einteilung gemacht. Über 100 IQ Punkte: Begabt, über 130 IQ Punkte: Hochbegabt, über 150: Extrem Hochbegabt.
Alleine 5 Personen fallen unter “Extrem Hochbegabt”, 3 unter “Hochbegabt” und 5 unter “Begabt”, 6 Personen haben keine Angabe zum IQ gemacht, sind aber durchgängig studierend oder in einem akademischen Beruf tätig.
Eine weitere Auffälligkeit war das hohe Vorkommen des Hobbys (oder sogar Berufswunsches) Schreiben. Offensichtlich gibt es eine Korrelation zwischen gerne Schreiben und gerne Kommentieren ;-)
Ein zweites Problem ergab sich aus einer Schlussfolgerung im Vorfeld, die sich aus einer Fehleinschätzung des Themas Hochsensibilität ergab. Während ich in der Beschreibung der Denkmuster das exakte Gegenteil von hohem SQ fand, zeigte sich, dass die eigentliche Hochsensibilität damit gar nichts zu tun hatte und der Test meist auch bei Asperger-Persönlichkeiten hoch anschlug. Denn eines der kennzeichnenden Merkmale ist Reizüberflutung, die gerade Autisten recht gut kennen. Allerdings war die Aufnahme des Tests alles andere als Überflüssig, sondern brachte auch ansonsten neue Erkenntnisse, auf die ich noch eingehen werde.
Ich stelle mal frech in den Raum, das nur Männer wirklich einen hohen Freiheitsgad in ihrer Berufswahl haben. Da nur 4 Personen Männlich sind, schränkt das die Auswertbarkeit ein, dennoch steht dank der durchgängig hohen Intelligenz ein gewisser Ausgleich zur Verfügung, da diese bei beiden Geschlechtern die freie Berufswahl erleichtert.
Um die Daten auswertbar zu machen, wies ich jedem Beruf und jedem Hobby einen S (Systemisierend) und E (Empathie) Wert zwischen 0 und 5 zu, die der äusseren Einschätzung des jeweiligen Anteils am Berufsbild entspringen. Die Tabelle ist hier einzusehen.
Daraus abgeleitet erstellte meine beste Freundin und Betreiberin des Blogs “Was nu?” einige Tabellen zusammen:
SQ Vergleich
EQ Vergleich
Trotz der Unübersichtlichkeit traue ich mich folgendes herauszulesen. Bei etwa der Hälfte aller Beteiligten ist die Kombination sehr prägend. Dabei hat der SQ viel mehr Einfluss als der EQ. Für die Personen, die in den Extrembereichen angesiedelt sind, ist die Berufs- und Hobbywahl fast zu 100% entsprechend. Ich biete da die nennenswerte Ausnahme.
Bei den Hobbys ist auffällig, das keine Person ein Hobby genannt hat, das 100%ig in das Bild passt, das von extrem hohem SQ gezeichnet wird, insbesondere Sammelleidenschaften.
Gerade bei Hobbies ist den meisten ein Ausdruck von Kreativität wichtig. Meine Vermutung, dass der SQ negativ mit dem Bedarf nach Kreativität korreliert, hat sich nicht bestätigt. Dann folgte ich einem anderen Verdacht und stellte fest, dass die Kreativität jedoch sehr stark mit den Werten des Tests auf Hochsensibilität korreliert:
Christians These, Männer würden sich Hauptsächlich durch Statusgewinn motivieren, zeigte sich nicht, bei gerade mal vier männlichen Teilnehmern ist das allerdings auch nicht Aussagekräftig.
Wer die Daten nachvollziehen, oder selbst ein wenig damit Spielen will, kann sie inklusive der Diagramme hier laden.

Nur wenige Tage, Intersex-Dokumentation auf Arte
Nach der letzten Sendung wünschten sich einige Beteiligte Aktivisten noch einmal eine Nachbersserung und so wurde vor kurzem auf Arte eine weitere Sendung zu Thema Intersexualität ausgestrahlt: X:enius
Interessant Dick Swaabs Aussagen bei 16:00 Minuten:
“Das männliche Gehirn ist Grösser, dafür ist das weibliche Aktiver. Es gibt unterschiede in der Verbindung von rechter und linker Gehirnhälfte. Bei Frauen sind sie enger vernetzt. Das ist die Grundlage der weiblichen Intuition. Frauen können vielbesser unterschiedliche Informationen kombinieren und auswerten. Die Männer hingegen sind fokussierter.”
Also wieder genau die Unterscheidung zwischen hohem und niedrigem SQ.

Mittwoch, 9. Februar 2011
Die Auswirkungen von EQ, SQ und HSP auf die Arbeit
Der vorerst letzte Teil von:
Frau, Mann, Asperger?
Hochsensibel, Frau, Mann- Oder- Baron-Cohens blinder Fleck
Die beiden vergangenen Artikel sollten in etwa die zwei existierenden Eckpunkte erklären. Wie sich herausgestellt hat, löste die Beschreibung der dem Systemischen gegenüberstehenden Denkwelt erheblichen Widerstand aus. Alleine Christian postete gute 25 Kommentare auf den entsprechenden Artikel, und es gibt auf seinem Blog noch weiter. Offensichtlich mit einem provozierten Missverständnis.
Jedoch kam die Diskussion Inhaltlich schnell dorthin zurück, was der Auslöser für die hier Erfolgende Umfrage war: Das Meinungsbild in vielen Kommentaren, nicht nur bei Christian, auch da, wo Quote diskutiert wird, war immer dahingehend, dass ein hoher SQ gleichbedeutend mit wertschöpfender und zwischen den Zeilen auch unterstellt: innovativer Leistung ist.
Ich hielt dem schon länger anektodische Beispiele entgegen, das gerade Frauen in bestimmten Feldern, die man gerne diesem Leistungsbereich zuordnet, bessere Leistungen erbringen. Die Möglichkeit auf Aspergia.de, die eigenen EQ und SQ Werte zu testen, kannte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, und Aufgrund meines Berufs, der für mich auch ein wenig Berufung ist, ging ich eher davon aus, selbst einen hohen SQ zu haben. Dem war aber nicht so. Bei meiner Verteilung (Ich gebe sie unten an) müsste ich, nach gängigen Vorstellungen, eigentlich das Thema Informationstechnologie meiden wie die Pest und dürfte schon gar nicht erfolgreich darin sein.
Als ich diese Überlegungen laut machte, wurde mir so einiges Unterstellt, dass ich mit den zuvor genannten Beispielen nur meinen “maskulinen” Beruf verteidigen wolle ( den ich ja dann wohl fälschlicherweise ergriffen habe? )
Nach meinem Verständnis der “Art” des hohen SQs würde ich ausserdem davon ausgehen, dass ein solcher weniger Vereinbar mit kreativer und letztlich auch innovativer Arbeit ist. Der Systemiker braucht einen “Auftrag”.
Da ich aber nur mit unüberprüfbarem, anektodischen Berichten dienen konnte, kam die Idee auf, diese Umfrage zu machen, an der sich hoffentlich viele verschiedene Menschen beteiligen.
Die Idee ist es, an folgenden drei Tests Teilzunehmen und ein paar Fragen zu beantworten und diese dann in der Kommentarsektion, auf Wunsch Anonym, einzustellen:
Die drei Tests sind folgende:
Auf Aspergia:
Der EQ (Empathy Quotient)
http://www.aspergia.de/index.php?cat=Tests&page=EQ-Test
Der SQ (Systemizing Quotient)
http://www.aspergia.de/index.php?cat=Tests&page=SQ-Test
Auf zartbesaitet.net ein HSP Test (der eine Zahl ergibt)
http://www.zartbesaitet.net/test.htm
Und die Fragen folgende:
Geschlecht (bei TG / TS / IS auch gerne tiefergehende Angaben)?
Ausgeübter Beruf?
Traumberuf?
Motivierender Faktor bei der Arbeit?
Würden sie ihre Arbeit als Kreativ einschätzen (0 - “Gar nicht” bis 5 - sehr)
Liebstes Hobby?
Motivierender Faktor beim Hobby?
Würden sie ihr Hobby als Kreativ einschätzen (0 - “Gar nicht bis 5” - sehr)
IQ, Falls bekannt?
Und damit jemand den Anfang macht, werde ich selbst den ersten Eintrag machen.
Nachtrag 22.2.2011: Eine Interpretation der Ergebnisse der Umfrage gibt es hier.

Dienstag, 8. Februar 2011
Hochsensibel, Frau, Mann? Oder: Baron-Cohens blinder Fleck
Fortsetzung von Frau, Mann, Asperger?
Baron-Cohens zweiter Fehler war seine Fixierung auf eine Seite der Medallie. Er, selbst zum systemisieren neigend, betrachtet er offensichtlich diese Denkart als einzig Sinnvolle. Was auf der anderen Seite des SQ (Systemizing Quotient) steht, hat er nicht erfragt und dagegen den hohen EQ (Empathy Quotient) gesetzt, der ja grob in umgekehrter Relation steht.
Was wohl Baron-Cohen denkt, was sich dort befindet? Bei AllesEvolution.wordpress.com glaubt man(n) zu wissen, was ich dort findet. Menschen, die nicht Rational denken können, sich niemals mit den Freuden höherer Mathematik auseinandersetzen können und in der Königsdisziplin Schach prinzipiell schlecht da stehen. Ergo keine Menschen, die grosse Leistungen vollbringen können. Stattdessen seien solche Menschen, wie der hohe EQ ja zeigt, in Gefühlen verfangen, die sie viel zu irrational machen.
Der schon zuvor zitierte Mark Gungor kommt einen ganzen Schritt weiter, doch auch bei ihm fällt auf, dass er die Sache gewissermassen von Aussen betrachtet, und “Gefühlen” hier einen, nun ja, interessanten Stellenwert zuweist.
Now womens brains are very, very different from mens brains. Womens brains are made out of a big ball of wire. And everything is connected to everything. Gzzzzzz. The Moneys connected to the car, the car is connected to your job and your Kids are connected to your mother and everything is to everything... Gzzzzzz... It's like the internet superhighway. OK? And its all driven by energy called emotion. Gzzzzzzzz. That is one of the reasons, why women tend to renember everything. Because, if you take an event and you connect it to an emotion it burns in your memory and you renember it for ever. The same thing happens for men, its just don't happen very often, because quite francly, we don't care. Women tend to care about everything.
And she just loves... Gzzzzzzzz
Nun, die Gehirne von Frauen sind sehr, sehr anders als die Gehirne von Männern. Die Gehirne von Frauen sind aus einem grossen Ball aus Draht gemacht. Alles ist mit Allem verbinden. Bsssssssss. Das Geld ist verbunden mit dem Auto, das Auto ist Verbunden mit der Arbeit und die Kinder sind verbunden mit deiner Mutter und Alles mit Allem. Bsssssss. Es ist wie das Internet. OK? Und alles wird bewegt durch eine Energie namens Emotion. Bsssssss. Das ist einer der Gründe, aus dem Frauen dazu neigen, sich an alles zu erinnern. Denn wenn du ein Ereignis nimmst, und es mit einer Emotion verknüpfst, brennt es sich in dein Gedächtnis ein und du erinnerst dich für immer daran. Das selbe passiert auch bei Männern, es passiert nur nicht oft, denn offesichtlich kümmert es uns nicht.
Und sie liebt es einfach.... Bssssssss.
Ich habe versucht, Christian, der das AllesEvolutionsblog Betreibt, zu erklären, was da vor sich geht, aber ich bin zig mal gescheitert. Und er machte mich darauf aufmerksam, dass ich meine Thesen wohl völlig aus der Luft greiffe, denn ihm sei keine Entsprechende Forschung bekannt. Das ist nicht weiter verwunderlich. Christian sucht vor allem nach zwei Sorten von wissenschaftlichen Erkenntnissen: Die, welche Männer, zumindest auf den ersten Blick, besser da stehen lassen und solche, die ihm verraten, wie er mehr Frauen ins Bett bekommt. Er nennt das Pick-Up.
Tatsächlich gibt es zu Asperger, das Simon-Cohen half, das systemische Element zu verdeutlichen auch eine Kondition, die Hilft, das umgekehrte zu verstehen. Die sogenannte Hochsensibilität. Im Gegensatz zu Asperger wird es nicht als Störung mit medizinischem Wert (also mit ICD Schlüssel versehen) betrachtet, sondern als eine oft vorkommende Aussergewöhnlichkeit, etwa 15% aller Menschen sollen davon betroffen sein. Eine Aufschlüsselung in Männlich und Weiblich konnte ich dabei nicht finden, was nahe legt, dass es keine grosse Auffälligkeit in Bezug auf Geschlecht gibt. Wie bei Asperger sind sowohl Frauen als auch Männer “betroffen”.
Auf der Einführungsseite (Bitte möglichst im Ganzen lesen) von hochsensibel.org findet man unter anderem folgendes:
Wissen HSPs jedoch um ihre Besonderheit können sie ihre Sensibilität häufig genießen, ja sogar nutzen. Wenn viel mehr Informationen verarbeitet werden müssen, führt dies automatisch zu mehr Verarbeitung. Das klingt banal, hat aber zur Folge, dass viele Hochsensible ständig mit Informationsverarbeitung sprich Analyse ihrer Eindrücke beschäftigt sind. Ihre entsprechenden Fähigkeiten sind hochtrainiert, und so vielschichtig und facettenreich ihre Wahrnehmung ist, so vielschichtig und facettenreich sind ihre Interpretationen der Welt. HSPs hüten sich vor verfälschend einfachen Denkmustern und kommen in ihrem Verständnis der Welt der überaus komplizierten und komplexen Realität weitaus näher als Nicht-HSPs.
Breiten Raum in ihrem Bewusstsein nimmt die Reflexion ein, sowohl über die äußere Welt als auch über sich selbst. Sogar vor dem Denken als Phänomen macht ihr Nachdenken nicht halt. Teilweise erschließen innere Dialoge auf verschiedenen und miteinander verknüpften Meta-Ebenen einen hochdifferenzierten Zugang zur Welt, der Stellung des Ich darin und zur Metaphysik.
Dies klingt vielleicht überheblich und abgehoben. Doch es stürzt in elementare Krisen, wenn z.B. aufgrund der erbarmungslosen Selbstreflexion die eigene Existenz plötzlich in Rechtfertigungsnöte gerät. Die Infragestellung von als selbstverständlich erachteten Fundamenten des (eigenen) Daseins kann an Abgründe führen; Depressionserscheinungen sind für manche HSPs bekannter Gefährte.
Doch hat man die Talsohle durchschritten und für sich selbst ein philosophisches System entwickelt, das der unbeschränkten Reflexion standhält, so ist diese geistige Grundlage des Lebens stabiler als alles andere, was diese Welt an Ideologien und Dogmen anbietet
...
Dies erscheint insbesondere plausibel, wenn man sich die Fähigkeit mancher HSPs vor Augen führt, scheinbar in die Zukunft blicken zu können: Was wie Wahrsagerei aussieht, ist in Wirklichkeit das teilweise unbewusste Erkennen hochkomplexer Kausalketten und übergeordneter Zusammenhänge, das Prognosen erlaubt, die bei Nicht-HSPs Staunen hervorrufen können. HSPs erkennen die Konsequenzen des Handelns schon im Voraus und neigen infolgedessen zu angemessener Vorsicht.
Es ist genau dies die äusserste Form. Und Betroffene leiden gerne mal am Cassandra Syndrom, da die Herleitung teils so Komplex ist, dass sie einem Systemisierer nicht mehr zu vermitteln ist.
Wie ich das aus unzähligen Diskussionen zum Thema Hirngeschlecht kenne…
Das äusserste E(mpathische Gehirn) ist alles andere als Irrational, legt es doch genau die Fehler, die beim bilden von Kästchen (Siehe ersten Teil) entstehen, ab.

Frau, Mann, Asperger?
Autismusforscher Simon Baron-Cohen vertritt die These, das Es drei Arten von Gehirnen gibt: Empathisch, Neutral und Systemisch. Das empathische Gehirn finde sich vor allem bei Frauen, das Systemische bei Männern. Und Asperger- und von schwererem Autismus betroffene hätten im Prinzip “Ultimativ männliche Gehirne”
In einem Interview des Spiegels wurde der Baron-Cohen gefragt:
SPIEGEL: Professor Baron-Cohen, Sie behaupten, technischer Sachverstand sei typisch fürs männliche Gehirn. Doch gestern hat uns ein weiblicher Flugkapitän von Hamburg nach England geflogen. Wie konnte das gut gehen?
Baron-Cohen: Ich sage nur: Frauen sind in der Regel eher an Gefühlen interessiert. Männer dagegen zeigen mehr Interesse an Systemen. Eine Frau fragt: "Wie fühlt sich das an?" Ein Mann fragt: "Wie funktioniert das?" Ausnahmen sind möglich, aber statistisch gesehen sind Frauen mit Talent zum Fliegen nun mal seltener als Männer
Ich frage mich nur. Wie kommen sowohl der Interviewpartner wie auch Baron-Cohen zum Schluss, eine Neigung zum Systematisieren würde eine besondere Begabung zum Fliegen beinhalten?
Schaut man sich Baron-Cohens Forschung genauer an, ist er erstaunlich generalisierend. Eigentlich werden Systemischer Quotient und Empathischer Quotient getrennt erfasst. Das eine ist nicht das Gegenteil des anderen. Man kann also eine ausgeprägte Empathie nicht einfach einem ausgeprägtem systemischen Verhalten entgegensetzen. Während sich unter Empathie eigentlich jeder etwas vorstellen kann, muss das systemische Prinzip erst mal erklärt werden:
Eine Person mit starker Neigung zu systemischem Handeln wird
- Systeme(*) analysieren, um ihre Funktionsweise zu verstehen
- Alles Kategorisieren
- Sich extrem an Ausnahmen stören. (Insbesondere bei Asperger-Zügen)
(*) System; Wikipedia erklärt kurz den Begriff:
”Systeme organisieren und erhalten sich durch Strukturen. Struktur bezeichnet das Muster (Form) der Systemelemente und ihrer Beziehungsgeflechte, durch die ein System entsteht, funktioniert und sich erhält”
Beim Analysieren dieser Strukturen und Beziehungsgeflechte (Relationen) versucht der Systemiker alles auf möglichst einfache Regelwerke herunter zu brechen.
Weiter schreibt Wikipedia:
“2. Ein System in diesem Sinn lässt sich durch die Definition zweckmäßiger Systemgrenzen von seiner Umwelt (den übrigen Systemen) weitgehend abgrenzen, um es modellhaft isoliert beobachten und das Geschehen reflektieren zu können. Diese (vorübergehende) Einschränkung ist zweckmäßig, weil das menschliche Bewusstsein in seiner Auffassungsgabe systemischer Abläufe begrenzt ist.”
Dieser Punk Zwei ist enorm wichtig, um zu verstehen, wo systemisches Denken an seine Grenzen stösst. Der Lebensberater Mark Gungor fasst es in seinem Vortrag “Tale of Two Brains” zusammen.
”Mans brains are made of litte boxes. And we have a box for everything. We got a box for the car, we got a box for the money, we got a box for the job, we got a box for you, we got a box for the kids, we got a box for your mother, somewhere in the basement. We got boxes everywhere. And the rule is, the boxes don’t touch.
When a man discusses a particular subject, we go to that paricular box, we pull that box out, we open the box, we discuss only what is in that box, alright? And then we close the box, and put it away, being very, very carefull not to touch any other boxes.”
Die Gehirne von Männern sind aus kleine Kästchen gemacht. Und wir haben eine Kästchen für alles. Wir haben ein Kästchen für das Auto, wir haben ein Kästchen fürs Geld, wir haben ein Kästchen für die Arbeit, wir haben ein Kästchen für dich, wir haben ein Kästchen für die Kinder, wir haben ein Kästchen für deine Mutter, irgendwo im Keller. Wir haben überall Kästchen. Und die Regel ist: Die Kästchen berühren sich nicht.
Wenn ein Mann über ein bestimmtes Thema diskutiert, gehen wir zu jenem speziellen Kästchen, wir ziehen dieses Kästchen heraus, wir diskutieren nur darüber was in die diesem Kästchen ist, klar? Und dann schliessen wir das Kästchen, und legen es weg, dabei sehr, sehr vorsichtig, kein anderes Kästchen zu berühren.
Jedes dieser Kästchen ist ein abgegrenztes, isoliertes System. Das Thema Staatsverschuldung ist in einem anderen Kästchen (z.B. Politik) gespeichert als Zinseszins (z.B. Geld).
Der Zinseszins wird z.B. Positiv gesetzt: “Ich bekomme für mein Geld auf der Bank Zins und Zinseszins.” und der Bezug über die volkswirtschaflichen Zusammenhänge von Zinseszins auf das dadurch inhärente Problem “Staatsverschuldung” wird nicht erkannt. Statt dessen fordert man den Staat auf, doch zu sparen. Sucht Schuldige an den hohen Ausgaben und findet sie je nach politischer Wahlheimat. Man bleibt im Kästchen Politik.
Die angebliche Neigung zu Technik entstammt dem Wunsch, abgeschlossene Systeme zu haben, zum Beispiel ein Radio, und dann dessen Funktionsweise zu ergründen.
Nur, was hat das mit der Fähigkeit ein Flugzeug zu Pilotieren zu tun?
Asperger gleich Ultramännlich?
Das Problem der Abgrenzung und Vereinfachung demonstriert nun Baron-Cohen selbst, wenn er bei Asperger vom ultramännlichen Gehirn im Sinne des SQ (Systemizing Quotient) spricht. Seine eigenen Daten geben das nämlich gar nicht her. Hier ein interessantes Schaubild:
Dabei ist gut zu erkennen, dass Asperger zwar im Schnitt einen hohen SQ haben, aber doch sehr viele im von Frauen und Männern geteilten Mittelfeld liegen. Insgesamt ist die Streuung recht hoch. Entscheident für Asperger ist offensichtlich der niedrigere EQ (Empathic Quotient), ein hoher SQ eher ein Nebeneffekt der mal stärker, mal schwächer Auftritt.
Nicht nur das, es zeigt auch, dass EQ und SQ sich nicht wirklich zwei Enden einer Skala sind, sondern nur statistisch gehäuft gegenläufig vorkommen. Des weiteren zeigt sich, dass ein enorm grosser Teil von Frauen und Männern sich ein Zentrum Teilen. In diesem Zentrum liegt mindestens die Hälfte. Viel zu wenig um pauschal sagen zu können, man hätte hier einen deutlichen Trenner zwischen den Geschlechtern gefunden.
Ironischerweise wird das Geschlecht der Asperger-Betroffenen nicht weiter angegeben. Was leicht die Tatsache verbirgt, dass es auch viele Frauen mit Asperger gibt. Wenn die nun angeblich so ultramaskulin sind, sind die dann alle Transsexuell? Nicht im geringsten. Im Gegenteil, unter transsexuellen Frauen gibt es sogar ein erhöhtes Vorkommen von Asperger-Betroffenen.
Baron-Cohen hat nicht die Lösung auf die Frage des Gehirngeschlechts gefunden, sondern nur zwei Aspekte davon, deren Schnitt zwar abweicht, aber bei weitem nicht Aussagekräftig genug ist, um Frauen und Männer daran aufzuteilen.
Weiter zu: Baron-Cohens zweiter Fehler

Sonntag, 30. Januar 2011
Das TSG ist gefallen. Jetzt sind alle TG, TS und IS Verbände in der Pflicht.
Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Operationszwang zum Erlangen einer Personenstandsänderung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das ist gut und das ist ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Menschenrechte derer, deren körperliche Integrität nicht den Anforderungen an ein phänotypisch binäres Geschlecht entspricht. Damit ist offiziell fast jeder Punkt des Transsexuellengesetzes als Verfassungswidrig erklärt worden.
Denkt man zumindest erst mal.
Denn wenn man die Urteilsbegründung liest, kann man daraus nichts als einen herben Rückschlag für die geschlechtliche Selbstbestimmung herauslesen.
Was mir mit am stärksten aufgestossen ist, ist die juristische Stärkung des Hebammengeschlechts. Des Geschlechts, dass nach kurzer Sichtprüfung einem Kind zugewiesen wird:
"Der Gesetzgeber kann bei der Bestimmung der Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen grundsätzlich von dessen äußeren Geschlechtsmerkmalen zum Zeitpunkt der Geburt ausgehen und die personenstandsrechtliche Anerkennung des im Widerspruch dazu stehenden empfundenen Geschlechts eines Menschen von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Da das Geschlecht maßgeblich für die Zuweisung von Rechten und Pflichten sein kann und von ihm familiäre Zuordnungen abhängig sind, ist es ein berechtigtes Anliegen des Gesetzgebers, dem Personenstand Dauerhaftigkeit und Eindeutigkeit zu verleihen, ein Auseinanderfallen von biologischer und rechtlicher Geschlechtszugehörigkeit möglichst zu vermeiden und einer Änderung des Personenstands nur stattzugeben, wenn dafür tragfähige Gründe vorliegen und ansonsten verfassungsrechtlich verbürgte Rechte unzureichend gewahrt würden. Dabei kann er, um beliebige Personenstandswechsel auszuschließen, einen auf objektivierte Kriterien gestützten Nachweis verlangen, dass die selbstempfundene Geschlechtszugehörigkeit, die dem festgestellten Geschlecht zuwiderläuft, tatsächlich von Dauer und ihre Anerkennung für den Betroffenen von existentieller Bedeutung ist. "
Es wird also alles andere als Selbstbestimmend davon ausgegangen, dass ein Hebammengeschlecht immer richtig ist und dessen Unrichtigkeit erst einmal bewiesen werden muss. Das ist Futter für die Verteidiger frühkindlicher Zuweisungen (auch Verstümmelungen genannt), die sich im Konstrukt des “Psychosexuellen Notfalls” nun einmal mehr auf die juristische Notwendigkeit einer solchen “Verdeutlichung” berufen können.
Auch können Zuweisungen entgegen dem gelebtem Geschlecht, die nicht für eine Personenstandskorrektur nach Personenstandsgesetz ausreichen und davon Betroffene, die über das Transsexuellengesetz behandelt werden natürlich einmal mehr Regeln unterworfen, die so für andere Menschen beim besten Willen nicht gelten und für mich schon einen krankhaften Zug haben.
"Für ein Leben des Betroffenen im anderen Geschlecht ist eine Angleichung seiner äußeren Erscheinung und Anpassung seiner Verhaltensweise an sein empfundenes Geschlecht erforderlich. Dies wird zunächst nur durch entsprechende Kleidung, Aufmachung und Auftretensweise herbeigeführt, um im Alltag zu testen, ob ein dauerhafter Wechsel der Geschlechterrolle psychisch überhaupt bewältigt werden kann."
Einmal mehr kann man sagen, hier handelt es sich ja ausschließlich um ein Gerichtsurteil, dennoch findet hier die International nicht anerkannte Behandlung nach den Vorgaben der deutschen Standards of Care Eingang in ein juristisches Schriftstück. Man muss sich leider nicht weiter darüber wundern, denn als “Fachleute” waren genau jene Psychoanalytiker zur Stelle, die auch das TSG und die deutschen Behandlungsstandards entworfen haben.
Ironischerweise meinte ein wohlmeindender Pressekommentar, genau dieser Unsinn sei damit abgeschafft worden:
Juristische Geschlechtsanpassung
Das Recht hat zu einem seltsamen Bild von Transsexuellen in Deutschland beigetragen. Es hat die Transsexuellen gezwungen, schon vor einer Operation oder Hormonbehandlung ein Jahr lang in den Kleidern des Zielgeschlechts herumzulaufen. Die Menschen wurden genötigt, sich selbst zu verhöhnen.
Schön wäre es, aber es tut schon gut, wenn Außenstehende die Unsinnigkeit dieser Travestie wenigstens sehen können.
ATME hat in seiner Presseerklärung ganz gut aufgeführt, wie Karlsruhe sich zwar am Grundgesetz, aber weniger an den, auch schon von EU Menschenrechtskommisar Thomas Hammarberg angemahnten Menschenrechten für Betroffene orientiert.
Ganz besonders wichtig ist dem Verfassungsgericht denn auch die Ehe als Institution zwischen Mann und Frau – und dass ist leider eine der schlimmsten Nachrichten.
Trotz zunehmender juristischer Gleichstellung der Geschlechter scheint es genau dieser Punkt zu sein, der die Abschaffung des juristischen Geschlechts unmöglich macht. Und wenigstens ein Geschlechtseintrag Other (undefiniert) wie er durch das internationale Passrecht vorbereitet ist? Siehe das erste Zitat.
-
In meinem Beitrag Frust hatte ich schon darüber geschrieben:
Man sollte meinen, das Transgender, transsexuellen Menschen und intersexuellen Menschen ein gemeinsames Ziel am Herzen liegt:
Geschlechtliche und körperliche Selbstbestimmung
In Bezug auf die Gestaltung dessen, was das TSG ersetzen wird sind alle in der Pflicht. Intersexuelle dürfen nicht meinen, das trifft sie nicht, da es ja um Transsexuelle geht. Transsexuelle (im Sinne von pro OPs) dürfen sich nicht auf das TSG als Privileg berufen, wie ich das verschiedentlich erlebt habe. Und Transgender dürfen nicht so tun, als sei einzig Judith Butlers Auftrag bindend, Gender-Trouble zu stiften.
Die deutsche Kaste der Sexologen, die gleichsam viel Leid über, sagen wir mal außergewöhnlich Geschlechtliche, gebracht haben, dürfen nicht einfach ein weiteres mal die bestimmenden Experten für ein Gesetz sein, und sich dabei auf Ideen berufen, die die Massenvernichtungswaffen des Iraks als PR-Gag alt aussehen lassen.
Ich verlange, und ich weis, eigentlich steht mir das nicht zu, eine Zusammenarbeit von:
Trans Inter Queer, ATME, Zwischengeschlecht e.v., DGTi, XY-Frauen, IVIM (OII Deutschland) und und und…
Denn ob es gemocht wird oder nicht, ob es gewollt wird oder nicht, es Betrifft alle.

Donnerstag, 14. Oktober 2010
Frust
Man sollte meinen, das Transgender, transsexuellen Menschen und intersexuellen Menschen ein gemeinsames Ziel am Herzen liegt:
Geschlechtliche und körperliche Selbstbestimmung
Was tatsächlich passiert, ist das Zäune gezogen werden und Grabenkriege geführt werden, denen zwangsläufig Menschen zum Opfer fallen.
Ob Trangender, Transsexuell oder Intersexuell, das sind längst keine medizinischen oder gar psychologische Kategorien, sondern politische Identitäten. Und so handelt jede für sich entgegen dieses Zieles und kümmert sich mehr um die geschlechtliche und körperliche Fremdbestimmung.
Und so schreibe ich denn erstmal gar nichts mit "Fleisch am Knochen" dazu.

Samstag, 18. September 2010
Ein Abschied
Transray war eine Datenbank, die Artikel zu Trans- und Intersexthemen sammelte, katalogisierte und Querverbindungen aufbaute. Eine sicher unglaublich mühselige Aufgabe. Aber das war nicht der Grund zum Einstampfen des Projekts und noch ist die Abschiedsnachricht auf der Seite zu sehen. Ich möchte sie hier im ganzen wiedergeben (bis auf die Kontaktmöglichkeiten, da diese nach Löschung oder Verkauf der Domain so wie so nicht mehr gültig sind):
Aus, vorbei
Warum?
Ich bin der Ansicht, dass die Gesellschaft und insbesondere die Politik nicht bereit sind, Transsexualität so anzunehmen, dass ein würdevoller Umgang mit transsexuellen Menschen in naher Zukunft möglich ist. Alle Bemühungen, zum Beispiel die Vornamenswahl/Geschlechtswahl zu vereinfachen, sind gescheitert.
Ebenfalls sind auch die Vorurteile nicht aus der Welt zu schaffen, die genau dies verhindern.
Bislang orientiert sich die Behandlung/der Umgang an Vorgaben, die nicht von Betroffenen verabschiedet wurden. Sie folgten einem paternalistischem Dogma, durch das transsexuelle Menschen zum Subjekt des Handelns werden.
Ich habe viele Menschen kennengelernt, die schon seit Jahren von der medizinischen Fraktion hingehalten werden, denen es seitens der Krankenkassen untersagt wird, sich operieren zu lassen, deren Erscheinung zu täglichen Kämpfen führt, nur weil „Standards“ und Medizinische Dienste (frühzeitige) Epilationen verhindern.
Viele dieser Menschen stehen dadurch im beruflichen Abseits. Diese Belastung schlägt sich auch in Aufenthalten in der Psychiatrie und Erwerbsunfähigkeiten nieder. Das Einzige was uns fehlt, ist die einfache Anerkennung. Wir benötigen keine Psychotherapie, noch Psychoanalyse über Jahre hinweg, sondern einfaches Vertrauen darauf, dass wir es selbst sind, die genau wissen, was uns nützt.
Ich dachte dem Themenkreis Transsexualität näher zu kommen, indem ich alle mir bekannten Quellen zusammenfüge. Das Ergebnis ist ernüchternd. Neben Moden gibt es keinen wissenschaftlichen Ansatz, der überhaupt irgendetwas erklärt.
Die „Wissenschaftler“ stochern also im Nebel und auch wenn einige sich nach Jahren dahingehend äußern, dass transsexuelle Menschen einfach ganz normale Menschen seien, dann ist das schon erschreckend, weil immer noch so getan wird, als wenn die Behandlung von Transsexualität nur gewissen Vorgaben zu folgen hat und dann alles gut wird.
Wird es nicht.
Und zwar deshalb weil transsexuelle Menschen in ihrer Verzweiflung alles unternehmen, was von professionellen „Helfern“ gefordert wird, die Bungee-Jumping-Theorie – wenn ein Kriterium der Diagnose wäre, sich mit einem Gummiband an den Beinen von einer Brücke zu stürzen, dann würden es alle tun, auch wenn es nichts damit zu tun hat – verdeutlicht es. Dies ist symptomatisch für die „Diagnose“, resp. „Behandlung“.
Zuletzt noch ein Wort zu Gutachten: Nirgendwo wird mehr Unsinn geschrieben und Ableitungen aus noch so weit hergeholten Angaben gemacht. Es wird Zeit, den Quatsch mit den Gutachten zu lassen, nicht zuletzt auch deshalb, weil sie zur Verelendung von transsexuellen Menschen beitragen.

Sonntag, 25. Juli 2010
Psychopathologisierung – von den Schwulen zu Transsexuellen zu Intersexuellen?
In der Diskussion über das absprechen der Weiblichkeit Tiwonge Chimbalangas durch LGBt und Menschenrechtsorganisationen im Blog Zwischengeschlecht.info ergab sich noch folgende fragende Feststllung durch Seelenlos, auf die ich etwas ausführlicher eingehen will und die ich deshalb damals nicht auf dem Blog kommentierte:
“dass du die vereinnahmungskaskade, unter der zwitter, aber auch transsexuelle leiden, anerkennst, freut mich. nachtrag: wie ich inzwischen sah, sprichst du das thema ja auch auf deinem blog (indirekt) an in bezug, dass die psychiater (m.e. nicht zu verwechseln mit psychologen/psychoanalytikern, deren kunden freiwillig bei ihnen sind und jederzeit gehen können), als sie die schwulen und lesben 1973 gezwungenermassen aus ihrer behandlungsfibel DSM und damit auch aus ihren praxen entlassen mussten, sich dafür einfach die transsexuellen krallten, was viele schwule auch heute noch wenig interessiert. dies hatte auch vincent guillot an der diskussion in zürich sinngemäss so gesagt: die befreiung der schwulen wurde mit der psychiatrisierung der transsexuellen erkauft, und die befreiung der transsexuellen wird mit der psychiatrisierung der intersexuellen erkauft werden (bei DSM-V werden ja zwitter klar verstärkt psychiatrisiert – die bauen schon vor)”
Und da liegt ein Fehler drin. Die DSM-V, wenn sie nach dem aktuellen Entwurf in diesem Bereich entsteht, leistet einen massiven Beitrag zur Entpsychopathologisierung in Bezug auf Intersexuelle.
Leider ist mir nur zu klar, wieso es überhaupt zu dem Gedanken kommt.
Doch dafür ist es Notwendig sich die Geschichte der Psychopathologiesierung vom Phänotyp abweichender Geschlechtlichkeit anzusehen.
Genitalangleichende (allerdings sehr rudimentäre) Operationen gab es schon vor 1973 aber noch wichtiger, auch schon vor John Moneys Behandlungsempfehlungen:
Claudia von zwitterforum.ath.cx schreibt:
Aufgrund der oft misslungenen Operationen jammerten Chirurgen: "It is easier to make hole than to build a pole". Der Psychologe Money lieferte die theoretische Rechtfertigung, immer "a hole" zu machen, wenn es technisch einfacher war. Dahinter versteckten und verstecken sich die Vielen, die kleine Kinder mit medizinisch unnötigen Operationen quälten. Vor Money sehr viel experimenteller als seit Money. Der bekannte Spruch, den Money aufgriff, war ein Ergebnis ihrer gescheiterten Experimente.
Moneys Whiteboardtheorie, nachdem alle nichtkörperlichen Aspekte von Geschlecht reine fragen psychologischer Entwicklung (psychosexuell) sind, hat die chirurgischen, verstümmelnden Herumbasteleien an den Organen intersexueller Kinder also nicht ausgelöst, sondern nachträglich gerechtfertigt. Auch die Chirurgen, die Genitalkorrekturen an Erwachsenen vornahmen, sehnten sich nach einer Rechtssicherheit, denn Kastrationen, die ja meist Bestandteil einer solchen sind, waren in den USA streng verboten.
Diese erhielten sie durch die Schaffung einer psychiatrischen Diagnose. Interessant ist an dieser Stelle auch zu erwähnen, das Agnes, eine transsexuelle Frau, die Hormone ihrer Mutter benutzte, sich bei ihrer Vorstellung bei den Ärzten, mit dem Ersuchen um eine Genitalkorrektur, als körperlich Intersexuell präsentierte und die Wahrheit erst erzählte, als mehrere, dem Thema eigentlich offen gegenüberstehende Spezialisten, Fachartikel über sie geschrieben hatten. Das sorgte für zukünftig grosses Misstrauen auf Seiten von Spezialisten.
Wie Milton Diamond in dem sehr lesenswerten Artikel Clinical implications of the organizational and activational effects of hormones (Seite 623 Hormons and Behavior 55 (2009)) beschreibt:
Suffice it to say, a theory that supported prenatal organization of
adult behavior had little sway among pediatricians, pediatric urologists
and others. The American physician's derived management philosophy
and belief in psychosexual neutrality at birth, spread throughout the
medical world and essentially held from the 1970s. As far as the general
public was concerned it also might be said that nurture was usually
given prominence over nature inpopular discourse of human sexual and
gendered behavior. And this belief, in the public world and in the
scientific world as well, held through the 1980s and into the late 1990s
despite evidence mounting to the contrary.
...
Since no environmental influences could be linked to
this transsexual phenomenon one might have thought itwould be taken
as particularly strong evidence for a theory of sexual development
incorporating some prenatal organization. This did not occur. Instead
transsexualismwas seen as amental problem(Gender Identity Disorder
or Gender Identity Dysphoria) and so recorded in the Diagnostic and
Statistical Manual of the American Psychiatric Association (DSM-IV-TR,
2000). Transsexuals were to be treated, not believed.
Unnötig zu sagen, eine Theorie die pränatale Organisation erwachsenen Verhaltens hatte wenig Einfluss unter Kinderärzten, Kinderurologen und anderen. Die Leitphilosophie und der Glaube der amerikanischen Ärzte an psychosexuelle Neutralität bei der Geburt verbreiteten sich über die Medizinische Welt und haben sich grundsätzlich seit den 70ern gehalten. Was die allgemeinere Bevölkerung anging, so ist hervorzuheben dass für Gewöhnlich Erziehung über Natur in populären Meinungen über Menschliches Sexual- und Geschlechtsverhalten gestellt wurde. Und dieser Glaube, sowohl in der öffentlichen als auch in der Wissenschaftlichen Welt, hielt sich durch die 80iger und bin in die späten 90iger trotz sich stapelnder Beweise für das Gegenteil.
…
Da keine Umwelteinflüsse mit diesem transsexuellen Phänomen verbunden werden konnten, hätte man meinen können, es wäre ein besonders starker Beweis für die Theorie einer Beteiligung pränataler Organisation der sexuellen Entwicklung. Das geschah nicht. Statt dessen wurde Transsexualismus als psychisches Problem gesehen (Geschlechtsidentitätsstörung oder Geschlechtsidentitätsdysphorie) und so in die DSM aufgenommen. Es musste ihnen eine Behandlung gewährt, aber nicht geglaubt werden..
Das bedeutet. Um die bestehenden Vorgehensweisen zu schützen, wurde die Transsexualität als psychische Störung konstruiert. Ist die Geschlechtsidentität eine Folge von vorliegen “richtiger” Geschlechtsorgane und Erziehung rechtfertigt dies die Vorgehensweise für Intersexuelle und gab nach Diagnose den Chirurgen bei eingewilligten Genitaloperationen eine Rechtssicherheit.
Nun kam es aber vor, dass Intersexuelle eine ursprüngliche Geschlechtszuweisung ablehnten. Um das ganze Konstrukt nicht auffliegen zu lassen, wurden diese in eine eigene Kategorie gepackt: Gender Identity Disorder not otherwise specified; Geschlechtsidentitätsstörung nicht anders Festgelegt…
In der Diagnose zu Transsexualtät muss eine intersexuelle Kondition ausgeschlossen werden. So ist und bleibt eine von den Wünschen der Umwelt abweichende Geschlechtsidentität denn immer eine psychische Störung.
Nachdem Geschlechtsidentität so stets auf der psychologischen Seite und Intersexualität der medizinischen Seite gehandelt wurden konnte man die Wirklichkeit der körperlichen Zusammenhänge lange verschleiern.
Und nun komme ich darauf zurück, warum viele intersexuelle Meinen, es gäbe eine Verschlechterung in der DSM V, denn im derzeitigen Entwurf gibt es keine zwei verschiedenen Diagnosen, sondern eine Intersexualität ist beim Vorliegen einer “Gender Incongruence” nur noch eine Randnotiz in der Diagnose.
Es ist die Vermischung mit den “verrückten” Transsexuellen, die viele Intersexuelle auf die Palme bringt, die bisherige, in den Folgen eher Problematische Diagnose ignorierend.
Ein schönes Beispiel für diese Denkweise findet sich auch in der Kommentarsektion von zwischengeschlecht.info zu einem anderen Artikel von User Einhorn:
Wer will als zwischengeschlechtliches Opfer schon in einem solchen kranken und diffamierenden Diskurs zwischen straffälligen Sexualverbrechern, Transen, die aus welchen hirnstrukturellen Defekten auch immer nach bestialischen Genitalverstümmelungen schreien, Suchtkranken und Psychiatriepatienten ans Licht der Öffentlichkeit treten?!
Gut, soweit wäre es ja erst mal alles wie gehabt. Worin liegt nun die Verbesserung?
Die bisherige Gender Identity Disorder oder Geschlechtsidentitätsstörung geht von einem eindeutigen Geschlecht, sowohl im Körperlichen Ursprung als auf in der Geschlechtsidentität aus. Die eigentliche Störung besteht ein Leben lang, da sie sich immer auf den körperlich festgelegten Ursprung bezieht. Übrigens nicht das “biologische” (dass es so nicht wirklich gibt), sondern das Hebammengeschlecht, dass ja bei Intersexuellen oft willkürlich festgelegt wird.
Gender Incongruence dagegen bezieht sich auf eine Diskrepanz zwischen Geschlechtsidentität und körperlichem Zustand, die Behoben ist, wenn sie nicht mehr besteht.
Es ist also anerkannt, dass eine zwischengeschlechtliche Person auch einen zwischengeschlechtlichen Körper haben kann. Es wird also nicht von einer Fehlentwicklung ausgegangen, wenn das Geschlecht nicht eindeutig ist.
Und das ist eine Revolution.
Besser wird es nur, wenn man das Thema, wie vielfach gefordert, endgültig den Psychopathologen aus der Hand nimmt.

Freitag, 2. April 2010
Biologismus - Teil 1
Die Wahrheit über das männliche Gehirn
Ich möchte Frau Binswanger gleich mal zur Titelwahl gratulieren - denn meist wird das maskuline Gehirn als Referenz genannt und dann über die Art geredet, wie sich die Gehirne von Frauen unterscheiden. Das ist schon aus Sicht der Biologie der völlig falsche Ansatz. Das männliche Gehirn ist das veränderte, das Basismodell das Weibliche.
Dabei gibt es unterschiedliche Zeitpunkte, zu denen diese Ausprägungen stattfinden. Vorgeburtlich, in der Pubertät und dann auch noch jeh nach aktuellem, hormonellem Millieu. Und je nachdem betreffen sie unterschiedliche Dinge.
Wenn man von Unterschieden zwischen Frauen- und Männergehirnen spricht, kommt gerne Gegenwehr von Feministinnen. Schnell wird von Biologismus gesprochen, der der Gleichberechtigung wieder die Barrieren in den Weg legt die der Feminismus der zweiten Welle mit der grossen Ikone "John Money" doch eigentlich ausgeräumt hatte - und alle Geschlechtsunterschiede auf Sozialisierung zurück führte.
Die frühere Argumentation der angeborenen Unterlegenheit der Frau steckt gewissermassen noch tief in den Knochen, und um sich ein Bild zu machen, warum das so ist, schadet es nicht, sich diesen Text einmal zu gemüte zu führen: Über den pathologischen Schwachsinn des Weibes.
Meiner Ansicht nach ist die aktuelle Haltung, bei jeder Erwähnung von neurologisch begründeten Unterschieden gleich davon auszugehen, dass diese Frauen in ein schlechtes Licht setzen, aber auch eine ziemlich Frauenfeindliche, denn man geht ja offensichtlich automatisch davon aus, dass diese negativ sein müssten. So kann und darf man das nicht sehen.
Ich will zwei Beispiele nennen:
Unterschiede in der Orientierung (gehört zu den vorgeburtlich angelegten Unterschieden):
- Männer orientieren sich oft mit Zahlenketten. 3. Strasse rechts, dann an der 2. Ampel links...
- Frauen eher an Wegmarken: Der Strasse folgen bis zu Post dann rechts und nach der Kirche links...
Ich sehe da erstmal keine Wertigkeit drin. So wie Strassenkarten aufgebaut sind, haben es Männer allenfalls etwas leichter, sie zählen durch, während Frauen sich erstmal anhand der Karte die Situation vorstellen.
Tatsächlich erkenne ich aber auch eine Benachteiligung der Männer. Ich hab schon erlebt, wie sich einer auf dem täglichen Arbeitsweg verfahren hat; weil er sich verzählt hat.
Um gut zu Navigieren, müssen beide Geschlechter über den instinktiven Schatten springen. Am besten navigiert, wer sich die Situation von Oben vorstellt.
Noch interessanter wird es bei einem Punkt, der vielen Frauen sauer aufstösst und der auch in den Kommentaren des Mamablogs :
Die Grundaussage, Frauen könnten nicht Einparken. (Zu einem grossen Teil eine Frage des aktuellen Hormonmillieus)
Nun erstmal die Frage, woran liegt das überhaupt? Und die kann ich beantworten, weil ich da gewissermassen brutal in die Falle getappt bin:
Als sich mein Hormonmilleu veränderte, verschlechterte sich meine Ortung für Gegenstände oder Töne im Raum. Das ist mir erst spät aufgefallen - und erst nachdem ich mir einige Schäden am Auto zugezogen habe. Es wäre allerdings nicht zu Schäden gekommen, wenn das bei mir immer so gewesen wäre, denn das Problem war, dass ich mich auf einen Sinn verliess, der gar nicht mehr da war. Im Grunde genommen kann man das gerade beim Einparken sehr gut umgehen, in dem man über die Seitenspiegel rückwärts fährt.
Nun ist das aber tatsächlich ein echter Nachteil für Frauen? Mal abgesehen davon, dass Frauen dafür ansonsten besser Auto fahren (die Versicherer wissen das) gab es einen Ausgleich:
Eine immense Verbesserung meines Reaktionsvermögens und der Hand-Augen Koordination. Da verlieren testosterongetränkte Gehirne so einiges und man muss sich nicht wundern, warum männliche Jugendliche oft etwas Tumb wirken.
Das sind nur einige wenige Aspekte. Aber ich wollte auch nur verdeutlichen, dass die ganze Sache oft etwas Einseitig betrachtet wird.

Freitag, 23. Oktober 2009
Pretty in Pink
In ihrem Blog beim Magazin Mother Jones berichtet eine Mutter, wie sie ob der Geburt einer Tochter mit Werbegeschenken überhäuft wurde – alle in Pink.
Wie ich, ist Lauren Sandler in den 70ern aufgewachsen. Geschlechtsstereotypen waren aus der Mode. Viele Bilder aus meiner vorpubertären Kindheit kann ich heute Unwissenden zeigen, ohne dass der geringste Verdacht meiner medizinischen Vergangenheit auftaucht. Auch im vielgelesenen Mamablog wurde das Phänomen schon diskutiert. Einem Kommentar ist zu entnehmen, dass das Phänomen selbst Hochburgen der Gleichberechtigung erreicht: “…wir leben nämlich in Norwegen, und auch dort gibt es momentan nur rosa und blau mit kaum Zwischentönen.”
Und so fragt sie zurecht: “Was ist eigentlich passiert?”
Zunächst zeigt sie die amerikanische Entwicklung der Kinderkleidung auf. Erst in den ersten zwei Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts kamen farbliche Unterscheidungen überhaupt in Mode. Die Dichotomie der beiden Farben nahm in dieser Zeit ihren Ursprung, nur genau umgekehrt, wie man es heute Kennt. Rot war eine kräftige und damit maskuline Farbe. Pink war die Kinderfreundliche Version. Blau war die Farbe des Schleiers der Jungfrau Maria und stand essentiell für Feminität. Sie zitiert das “Ladies’ Home Journal” von 1918, das Müttern rät:
“Pink, eine bestimmtere und stärkere Farbe, ist passender für die Jungen, während Blau, das eher graziler und anmutiger, hübscher für die Mädchen ist.”
Zur Zeit des zweiten Weltkriegs kehrte sich die Farbenzuorndung dann um. Das könnte daran liegen, dass, passend zu den Zeiten, der blaue “Marinelook” aus Europa in die USA überschwappte.
Dort hatte sich die Kinderkleidung doch etwas anders entwickelt. Laut Wikipedia war es bis in 19. Jahrhundert üblich, das Jungen bis zum 5. und 6. Lebensjahr Kleidung trugen, die nahezu gleich war wie die der Mädchen, nur das Korsett bei den Mädchen stärker geschnürt wurde um die Entwicklung der weiblichen Körperform zu stützen. Das Wachstum der Brüste jedoch sollte Behindert werden – die waren damals nicht so in Mode. Erst später kamen stärker geschlechtsgetrennte Kleidungselemente in Mode. Farblich allerdings völlig unbestimmt. Um Jahrhundertwende inspirierte die Matrosenuniform die Mode, hier nun wieder eher Unisex (und wie im Bild zu sehen trägt auch dieser Junge einen Rock).
Das Mother Jones Blog wird weiter berichtet, wie sehr junge Mädchen diesem Pink-Trip folgen, unter anderem berichtet es von einer Mutter, die ihrer dreijährigen Tochter erst beweisen musste, dass alle ihre Pinken Sachen alle in der Wäsche befanden, bevor diese bereit war, etwas anderes anzuziehen. Und auch der Mamablog Artikel zeigt auf, wie empfindlich die Kinder darauf achten, geschlechtlich richtig aus zu sehen, farblich und in Bezug auf die Haarlänge. Einige Sozialpsychologen (die Nurture, also “alles ist anerzogen oder durch die Umwelt geprägt”-Seite) gaben dem Phänomen den Namen: “Pink Frilly Dress”-Syndrom, untersuchten es, und kamen zu dem Schluss, dass das Geschlechtszugehörigkeits empfinden massiv von Farben und Kleidung abhängt – eben der selbe Umkehrschluss, den John Money einst in Bezug auf die Genitalien hatte. Doch damit nicht genug der psychologischen Wirren, Neurowissenschaftler mit dem Gedankengut von Evolutionspsychologen (die Nature, also “alles ist angeboren”-Seite) ihrerseits schlossen im wahrsten Sinne des Wortes das Blaue vom Himmel herunter. Da Männer ja gutes Jagdwetter bevorzugten, prägte der geschätzte blaue Himmel sich in die Gene ein, während Frauen eine Vorliebe für Rot entwickelten – die Farbe genießbarer Früchte.
Ein Phänomen, das erst in den letzten 60 Jahren und mit Unterbrechungen existiert, soll also vor Jahrtausenden in unser Genom programmiert worden sein und ohne sorgfältige Kleider- und Farbordnung können die jungen Kinder kein Geschlechtszugehörigkeitsempfinden entwickeln? Sind etwa alle in den 70er Jahren aufgewachsenen Menschen Geschlechtsidentitätsgestört (der amerikanische Begriff Gender Identity Disorder bringt es noch etwas besser auf diesen Punkt)?
Wohl kaum, aber diese Idee ist unglaublich Haltbar. Als kürzlich ein schwedisches Ehepaar sich Outete alle geschlechtsstereotypen Anforderungen von ihrem Kind fern zu halten – in dem sie sein Geschlecht verheimlichen, mutmaßte selbst das Mamablog “Zwitter per Erziehung?” (meine zwischengeschlechtlichen Leser mögen mir das unreflektierte Titelzitat verzeihen), ja in den Kommentaren ist sogar von “Gefährdung des Kindswohls” die Rede, “Derartige Experimente an Menschen müßten unter Strafe gestellt werden! Wer schützt wehrlose Kinder vor solchen Eltern? Warum schreitet bei einer solch massiven Kindeswohlgefährdung kein Jugendamt ein?”
Das sich der letztgenannte Autor allerding gerade diese Erziehungsweise mit John Moneys Menschenrechtsverbrechen vergleicht, ist ein Paradoxon. Auf John Money geht die Idee zurück, dass Genitalien und Erziehung in ein Geschlechtszugehörigkeitsempfinden münden. Auf diese Idee geht der Widerwillen gegen Pops Erziehung genauso zurück wie die Umerziehungsversuche eines Kenneth Zuckers an Kindern, die mit der sogenannten “Geschlechtsidentitätsstörung im Kindesalter” (wie Transsexualität eine Persönlichkeitsstörung in der F-Gruppe der ICD 10) diagnostiziert wurden. Kindern, die das gesellschaftliche Rollenspiel verweigern. Damit werden ungleich mehr Jungen pathologisiert als Mädchen, die Angst vor Jungen mit einem Faible für Barbies und Pink ist ungleich grösser als die vor Mädchen, die gerne auf Bäume Klettern, Hosen tragen und das neueste Quake spielen.
Zucker setzt auf Entzug und Verbot – kein Pink im Haus, keine Mädchenfreundschaften mehr und selbst beim Zeichnen herrscht strengstes Verbot, Mädchen oder Schmetterlinge zu malen.
Ein Zeichen von Transsexualität ist das nicht unbedingt, laut den Studien Zuckers (Kannada) und Green (Großbritannien) sind nur etwa 5% der entsprechenden Kinder Transsexuell. Etwa 45% Homosexuell und die restliche Mehrheit entwickelt sich zum erwachsenen, gesellschaftlich anerkannten Standardmodell.
Dennoch lässt sich bei transsexuellen Menschen ein Hang zu geschlechtlichem Rollenverhalten feststellen. Genau wie andere Mädchen um sie herum nehmen auch transsexuelle Kinder diese Geschlechtsrollen wahr – und genau wie andere Kinder ihres Geschlechts nehmen sie diese Hinweise auf. Je nach angeborenem Geschlechtsrollenempfinden übernehmen sie diese aus der Gesellschaft – und meist unterdrücken sie den Wunsch, lernen schnell diese Wünsche nicht zu äußern oder gar auszuleben. Es braucht keinen Kenneth Zucker, denn Eltern und Umwelt kommen meist auf die selben, nicht wissenschaftlich Sanktionierten Ideen.
Weder bei Zucker noch bei wohlmeinenden Eltern ändert sich allerdings je etwas an dem Geschlechtszugehörigkeitsempfinden, die Kinder lernen es nur zu verstecken, zu unterrücken und oft hilft es, ein wenig Geschlechtsrolle zu spielen. Je stärker die Unterdrückung, desto stärker und länger wird dieses Ventil genutzt – auch wenn es nicht wirklich hilft. Und wenn Transsexuelle dann die soziale Rolle ändern, wird dieser Aspekt oft erst einmal Überbetont. Und speziell im deutschsprachigen Bereich wo Sophinette Beckers Behandlungsstandards gelten, wird das Geschlechtsrollenauftreten in der Behandlung auch mit Behandlungsbedarf gleichgesetzt. So mancher Transvestit hat, so der denn auf die, dann sehr dumme Idee kommt, größere Chancen auf eine Behandlung für Transsexualität als Betroffene, die ihre weiblichen Empfindungen nicht auf Kleidung projizieren.
Es gibt wesentliche angeborene Eigenschaften der Geschlechter, die auch bei Transsexuellen ihrem gefühlten Geschlecht entsprechen, aber erst die Kultur unterstreicht und übertreibt sie, ein Gen für Pink gibt es nicht.
Und was ist nun mit Pop? Was soll mit dem Kind sein? Es weis doch längst was es ist. Viel besser als die Eltern, die nur seine Genitale kennen. Daran wird ein geschlechtsrollenbefreites Aufwachsen nichts verändern.
Geschlechtsrollendoktor Kenneth Zucker.

Donnerstag, 26. März 2009
Privilegiert
Wenn man feministische Themen liest, so geht es oft um das Thema, wer ist privilegiert und merkt es nicht einmal und macht so anderen Vorschriften (a la “Streng dich doch einfach mehr an…”).
Durch meine Kondition eigentlich fast immer ein Stück unterprivilegiert muss ich nun mittlerweile fest stellen, dass ich privilegiert bin. Ich musste, wie viele andere Frauen, weibliche Interaktion nicht erst erlernen, Teils auch weil ich sie bewusst verlernt habe, sondern ich habe so ab 18 / 19 einfach gelernt “Sperren” aufzubauen auf meinem Verhalten – Sperren die ich wieder abbauen konnte und auch habe. Einige haben nie Sperren aufgebaut, dafür ist Lorielle ein gutes Beispiel, andere haben keine Sperren aufgebaut sondern ein komplett neues Verhalten erlernt und für wieder andere ist es nicht natürlich, sondern sie müssen es wirklich lernen.
Trotz der nach wie vor relevanten Tatsache, dass ich zu Dr. Outsterhout will um ihm viel Geld dafür zu geben, die Narben meiner Pupertät aus meinem Gesicht zu entfernen muss ich sagen, dass ich nur noch wenige Probleme mit meinem Passing habe. Ich (oder besser mein Auto) fallen mehr auf, wenn ich im roten Porsche Unterwegs bin, als wenn ich am Bahnsteig stehe. Es ist ein Leichtfertiger Gedanke dass es auch anderen so geht. Andere Denken sogar dass sei das Zeichen wahrer Transsexualität und wer ein schlechtes Passing hat, könne demnach auch nicht Transssxuell sein (zumindest nicht so genannt Primär).
Ich habe keinen Bedarf mich zu erhöhen, stattdessen nur einen, meinen Göttern zu danken (und bis ich die definiert habe, liegt der Dank ein wenig auf Halde).
Was mir so hilft ist ein angeborener femininer Habitus. Haben den alle Transsexuellen? Wenn man so auf die Studien guckt, liegt das nahe, alle transsexuell Diagnostizierten, die dort auftauchen, haben ein gegengeschlechtliches Gehirn. Alle.
Aber nicht alle haben so viel Glück mit dem Passing, schneller Wirkung der Hormone oder ähnlichem, und ich bin gerade überhaupt nicht die äusserst positive Form. Da kenne ich Andere (persönlich)
Was noch viel mehr quertreibt, für alle, die meinen es gäbe die “echte” Transsexualität ist eine Studie (Bericht dazu), die über Phantomorgane schreibt. 60% aller CIS Männer, die ihren Penis verloren haben, fühlen einen Phantom-Penis, dasselbe gilt für 30% der geschlechtsangeglichenen Frauen (Post Op TS) Das zeigt auf der einen Seite einmal mehr, dass es so etwas wie eine Body Map gibt, ein Gedanke der mir ganz klar macht, dass ich nicht zu den 30% gehören werde - aber andererseits auch folgende Fragen aufwirft:
Wenn 30% einen Phantompenis haben, wären sie ohne OP (aber mit allen anderen Maßnahmen) nicht besser dran gewesen? Riftgirl, die einen entsprechenden Post online hatte, hat das Rechtzeitig gemerkt. Sie ist Frau, da gibt es kein Zweifel… aber die Ausprägung ihrer primären Geschlechtlsorgane war im Gehirn dann doch männlich vernetzt. Sie entschied sich zu einem Leben als NonOp. Andere taten es offensichtlich nicht… und extrem bereut haben sie es wohl auch wieder nicht, denn nur 0.5 - 1.5% kehren in die alte Rolle zurück, Post Op.
Offensichtlich haben die primären Geschlechtsorgane nicht sehr viel mit der wesentlichen Identität zu tun. Und manchmal ist ein missgestaltetes Gefühl da unten wohl besser als ein gefühlt falsches Leben (in dem Fall als Mann oder Geschlecht “dazwischen”)
Andererseits. Wenn 100% aller irgendwie diagnostizierten Transsexuellen ein mit allen verfügbaren (und das sind viele) Methoden immer Aufzeigen: Gehirn dies, Körper dagegen gleich anderes Geschlecht – bedeutet das nichts anderes, als das NonOPs genau die selben körperlichen Gehirnmerkmale teilen. Mit leichten, nach heutigem Stand nicht messbaren, Abweichungen
Einen Mix aus psychischen (für alles TG) und körperlichen Ursachen (für alles “Primär” TS) gibt es also nicht, sondern nur einen, wie von mir, Zoe Brain und Dr. Drantz erwarteten, Fluss der verschiedensten Geschlechterebenen. Der eine Häufung in der einen oder anderen Richtung hat, aber doch nie Eindeutig ist.
HBS Advokaten, packt bitte die Koffer. Ach so, Ihr sprecht meine Sprache ja nicht. Dann müssen wir, die Englisch verstehen, euren Unsinn vielleicht noch länger anhören.
Donnerstag, 5. März 2009
Die Suche nach dem heiligen Gral
Während die ersten Forscher, die sich mit dem Thema Transsexualität befassten, noch körperliche Ursachen annahmen, die sich für sie schon aus der Beschäftigung mit transsexuellen Menschen als ziemlich selbstverständlich darstellten, begannen andere die Quelle von Transsexualität in der psychosozialen Entwicklung zu suchen. Freud war und ist vielen hier noch eine Inspiration, mit seinen Theorien von Ödipuskomplex, Penisneid und so weiter.
Mit am häufigsten hört man folgendes (Ich bediene mich hier und an weiteren Stellen einem 20 Jahre alten Text: “Ethische Aspekte der Transsexualität” )
Die psychoanalytische Hypothese (Stoller und Socarides)
Nun komme ich zu der Ätiologiehypothese, die von den amerikanischen Psychoanalytikern Stoller und Socarides entwickelt wurde. Vorausschicken möchte ich, dass ich sehr viel von der Psychoanalyse halte, solange sie sich auf ihre bewährten Gebiete beschränkt und sich nicht in wilden Spekulationen ergeht. So behaupten also Stoller und Socarides, Transsexualität entstehe psychodynamisch im Kleinkindalter bei folgender familiärer Konstellation:
- eine nach außen hin dominante, im Grunde aber ichschwache Mutter entlässt das Kind nicht aus der Symbiose; während
- der Vater emotional (oder auch physisch) nicht anwesend ist und so das Kind nicht aus der Symbiose mit der Mutter lösen helfen kann (Fachbegriff: Triangulierung).
Zwar findet sich bei Transsexuellen tatsächlich oft diese Situation, doch die Überraschung weicht, wenn man feststellt, dass genau dieselbe Konstellation für die überwiegende Mehrzahl aller Neurosen und psychosomatischen Erkrankungen verantwortlich gemacht wird und im übrigen die übliche Situation in unserer heutigen bürgerlichen Kleinfamilie ist, in einer Zeit, da die überkommenen Geschlechterrollen zunehmend in Frage gestellt werden und mit ihnen bei vielen Männern und auch Frauen ihr darauf gründendes Selbstverständnis als Mann oder Frau. Dass Frauen, die sich aus traditionellen Rollenzwängen befreien, von Psychoanalytikern leicht als »dominant« oder »phallisch« bezeichnet werden, spricht für sich selbst.
Aufgrund der gesellschaftlich bedingten enormen Häufigkeit dieser familiären Situation müsste es – folgt man Stoller und Socarides – erheblich mehr Transsexuelle geben!
Anmerken möchte ich an dieser Stelle, dass ich nicht die Transsexualität an sich als Neurose ansehe, dass sehr wohl aber das Verleugnen und Verdrängen der Tatsache, transsexuell zu sein, überaus häufig zu neurotischen Fehlentwicklungen und psychosomatischen Erkrankungen führt.
Nun ja, die alleinerziehende Mutter ist gerade in Deutschland in den letzten 20 Jahren fast zum typischen Bild geworden. Hier zeigt sich auch bereits, worauch ich später noch weiter eingehen werde, wie Symptome (Neurose) immer wieder zur Ursache verklärt werden.
Andere beliebte Theorien sind sexuelle Motive, Zum Beispiel die Blanchard, Bailey, Lawrence Theorie (BBL) oder die hier zitierte:
Die Hypothese der uneingestandenen Homosexualität
Als nächstes muss ich mich mit Alfred Springer in Wien auseinandersetzen: Er geht zunächst einmal davon aus, dass Homosexualität ein zu akzeptierendes und nicht therapiebedürftiges Phänomen sei; insoweit möchte ich ihm voll zustimmen. Dann aber postuliert er, Transsexualität sei stets eine uneingestandene Homosexualität. Diese Hypothese hat schon Herr Kockott widerlegt, und so muss ich ihn hier nicht wiederholen. Interessant ist freilich Springers Argumentationsweise, bei der er am Ende der Argumentationskette seine implizierten Voraussetzungen wiederfindet, also eine raffinierte Zirkelschlusslogik:
Einen transsexuellen Mann (biologisch natürlich weiblichen Geschlechts), der sich das Zusammensein mit einer Frau wünscht, beschreibt er von vornherein folgendermaßen: »Zu mir kam eine homosexuelle Frau mit dem Wunsch, ein Mann zu sein.« Dies nimmt er als Prämisse, dreht es durch seine Mühle, macht einen argumentatorischen Salto mortale, und heraus kommt eine homosexuelle Frau, die eben bloß zu ihrer Neigung stehen müsse. So einfach geht das.
Weiterhin schreibt er, er stelle fest, dass männliche Homosexuelle im 19. Jahrhundert ähnlich beschrieben wurden, wie sich heute Mann-zu-Frau-Transsexuelle beschreiben: »Mulier in viri corpore inclusa« – eine Frau, die in einen männlichen Körper eingeschlossen ist. Ganz abgesehen davon, dass dies nur ein Bild war, um ein damals unverstandenes und den gesellschaftlichen Normen gänzlich zuwiederlaufendes Phänomen zu beschreiben, nun herzugehen, und von der Ähnlichkeit irgendwelcher Beschreibungen – noch dazu zu unvergleichbaren Zeiten – auf die Gleichheit der beschriebenen Phänomene zu schließen, ja, also da sträuben sich in mir irgendwo alle Haare. Die Frucht »Birne« die wir alle kennen, ist nun einmal auch keine Glühbirne, auch wenn beides »Birnen« sind!
Stellenweise auftretende Forschungen, die körperliche Ursachen tatsächlich nahelegten wurden weitgehend ignoriert (übrigens auch im verlinkten Artikel), schon früh (50er Jahre des vergangen Jahrhunderts) wurden Unterschiede im Hypatalamus zwischen Mann und Frau entdeckt, und dass diese bei transsexuellen Menschen dem gefühlten Geschlecht entsprechen. Weiterverfolgt wurde es jedoch nicht. In Ostdeutschland wurde in den 80ern noch in diese Richtung von Günter Dorner geforscht – auch seine Ergebnisse fanden wenig Anerkennung. Als 1996 die ersten Postmortem Studien (Untersuchungen an den Gehirnen von Verstorbenen) veröffentlicht wurden, zeigte sich eine ganz klare Korrelation – und wurde von der Psychokaste, die sich die Behandlung und damit auch die Ursachenforschung unter den Nagel gerissen hatte, marginalisiert. Heute, 2009, haben wir derartig viele Studien zum Thema, die Teils mit unterschiedlichsten Methoden immer wieder zu dem einen Ergebnis haben. Das eines Bewiesen ist: Das Gehirn ist dem empfundenen Geschlecht entsprechend ausgeprägt. Dennoch hört die Psychopathologisierung von Transsexualität nicht auf. Seit gut 80 Jahren wird eine Theorie nach der anderen aufgestellt - und wiederlegt.
Es ist die Suche nach dem Heiligen Gral.
Macht man sich die Realität klar, dass, wie Kim es immer so schön ausdrückt, Mädchen mit Hoden und Penis geboren werden, und Jungen mit Eierstöcken und Vagina, dass diese sich, wie jedes Kind schon bevor es ihnen Bewusst wird, an Vorbildern des gleichen Geschlechts orientieren und mit diesen Menschen gewisse Instinkte, zum Beispiel im Umgang miteinander, Teilen, nur dann kann man Transsexualität und die Entwicklung, die transsexuelle Menschen Durchmachen, verstehen. Milton Diamond hat das in seiner “Biased Interaction Theory” ganz gut beschrieben. Die Frage dagegen, warum ein Mann eine Frau werden will (oder interessanterweise seltener gestellte Frage, warum eine Frau ein Mann sein will wird selten gestellt), kann dagegen nur in Sackgassen führen – da dies so gut wie nie der Fall ist.
Zum Beispiel folgende Theorie:
Die Borderline-Hypothese (Sigusch)
Der bekannte Frankfurter Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch ist selbst homosexuell und hat so auch ein großes Verständnis für Homosexuelle. Im einzelnen schreibt er (zusammen mit Dannecker, Schmidt und Schorsch in der Zeitschrift »Psychologie heute«, Juni 1981):
»Es ist an die elementaren Sätze einer Theorie der Homosexualität zu erinnern: Homosexualität ist zunächst einmal eine anthropologische Kategorie. Als solche bezeichnet sie eine in der menschlichen Anlage bereitliegende Verhaltensmöglichkeit. Homosexualität verweist demnach auf alle Menschen, nicht nur auf manifest homosexuelle. Die manifeste Homosexualität wiederum ist als eine Persönlichkeitsstruktur zu betrachten und nicht als ein Symptom einer Person oder einer Krankheit. Deshalb kann sie nicht beseitigt werden, ohne einen Menschen als gesamte Person in Gefahr zu bringen.« (Sic!)
Konsequenterweise müsste er nahezu wortwörtlich dasselbe für Transsexuelle postulieren (wobei ich ihm hocherfreut voll zustimmen würde). Doch weit gefehlt! Transsexualität – so behauptet er einfach – sei eine besondere Erscheinungsweise des sogenannten »Borderline-Syndroms« – auf deutsch: Grenz-Syndrom. Es ist sehr schwierig, hier in der Kürze der Zeit das Phänomen »Borderline-Syndrom« verständlich zu erklären: deshalb nur einige Stichpunkte: man versteht darunter eine psychische Erkrankung, die in Schwere und Symptomatik zwischen Neurosen und Psychosen liegt. Dabei wird eine fehlende Ich-Identität notdürftig durch sogenannte Ersatz-Ichs geflickt, die im Allgemeinen stabil genug sind, dass es die meiste Zeit über nicht zu psychotischen Durchbrüchen mit Realitätsverlust, Wahnvorstellungen und Halluzinationen kommt. Nach außen hin erscheinen diese Menschen auf den ersten Blick völlig angepasst und gut funktionierend. Auf den zweiten Blick jedoch erkennt der Geübte die fassadenhafte Ersatz-Ich-Bildung.
Bei Transsexuellen will Sigusch nun in besonderem Maße fassadenhaft wirkende Ich-Ersatz-Identitäten beobachtet haben, und so postuliert er, Transsexualität sei eine besondere Symptombildung eines Borderline-Syndroms. Wie bei solchen Kennern der menschlichen Psyche üblich, vernachlässigt er dabei völlig die besondere biographische Entwicklung von Transsexuellen im allgemeinen, sowie die spezielle Situation von Gutachtergesprächen; kurz: er hält seinen ganz besonderen Sichtwinkel der vielleicht größten Lebenskrise dieser Menschen unter dem besonderen Druck eines kurzen Begutachtergespräches für die ganze Wahrheit dieses Menschen.
Außerdem offenbart Sigusch indirekt, dass er allem Anschein nach keine Nachuntersuchungen nach der operativen Genitaltransformation kennt. Nur so kann es kommen, dass er die spezifische Situation von Transsexuellen so gründlich missversteht. Nun bauen freilich Transsexuelle vor ihrem »Coming out« eine Art von fassadenhafter Identität auf. Sie zeigen nämlich zuallererst das Verhalten, das von Ihnen – ihrem biologischen Geschlecht entsprechend – erwartet wird. Teils um nicht aufzufallen, teils freilich auch als »Selbsttherapie«-Versuche, übersteigern vielfach ihre Rolle in bisweilen groteskem Bemühen, schon um nicht selbst an der gespielten Rolle zu zweifeln. Typisch dafür ist beispielsweise Jan Morris, die nach einer harten Offiziers-Karriere bei der Mount-Everest-Erstbesteigung dabei war.
Während der Zeit des »Coming out« zerbricht diese Ich-Fassade, und eine zunächst ziemlich orientierungslose Zeit muss durchgestanden werden. Gerade eben in diese Zeit fällt in der Regel die psychiatrische Begutachtung, so dass der auf diese Perspektive eingeengte Psychiater geneigt ist zu übersehen, dass unter den äußeren Schichten der abblätternden Rollen-Fassade und der darauf folgenden suchenden Orientierungslosigkeit die eigentliche und echte Identität bereits keimhaft angelegt ist. Doch muss dieser noch sehr zarte Keim in diesen Stadien des transsexuellen Weges vor den allzu rauen Stürmen – wie sie bei den üblichen psychiatrischen Härtetests offenbar unvermeidlich sind – meist noch eine Weile schützend geborgen werden.
Transsexuelle machen in ihrer Jugend nur eine recht unvollständige Pubertät durch: sie werden zwar erwachsen – körperlich wie psychisch –, doch die übliche Reifung und Festigung der Geschlechtsidentität bleibt aus. Stattdessen entwickelt sich die eben beschriebene fassadenhafte Rolle.
Erst in der Zeit des transsexuellen Übergangs kann der zweite – geschlechtsspezifische – Teil der Pubertät beginnen. Wirklich vervollständigt kann sie freilich erst nach der operativen Genitalkorrektur werden, da erst jetzt der selbstverständliche Umgang mit dem eigenen Körper erfahren und gelernt werden kann. Außerdem unternimmt jetzt kaum einer der lieben Mitmenschen mehr ernsthafte Versuche, diese Entwicklung doch noch umzukehren. Erst dann hat der Kampf ein Ende. So entwickelt sich – Monat um Monat reifend – allmählich der stattliche Baum der Geschlechtsidentität gemeinsam mit einem wahrhaften Ich.
Wir haben also gesehen, dass bei der Transsexualität ein Fassaden-Ich nicht entwickelt wird, um mittels eines »Hilfs-Ich« die fehlende Ich-Identität zu ersetzen. Vielmehr ist bei Transsexuellen sehr wohl eine Ich-Identität vorhanden, freilich mit einer dem biologischen Geschlecht widersprechenden Geschlechtsidentität als integralem und nicht herauslösbaren Bestandteil der Ich-Identität. Zum Schutz vor gesellschaftlicher Diskriminierung und aus Angst vor dem Verlust der engsten Bezugspersonen errichten Transsexuelle vor ihrem »Coming out« ihre neurotische Ich-Fassade – quasi als eine Art »Mogelpackung« –, die wiederum das Fundament für eine Menge weiterer Neurosen und psychosomatischer Erkrankungen abgeben kann.
Viele früher ganz selbstverständlich als Ursachen angenommene Konzepte wie hier Borderline oder auch Schizophrenie sind längst Erkrankungen, die via Differentialdiagnose ausgeschlossen werden. Beide können den Erkrankten kurze Zeit den Glauben geben, sie währen im anderen Geschlecht besser aufgehoben.
Allgemeine Kritik an den Ätiologiehypothesen
Meine Damen und Herren, wir haben gesehen, dass jede der besprochenen Ätiologiehypothesen unhaltbar wird, wenn man sie sich einmal genauer ansieht und in allen Einzelheiten, Prämissen und Konsequenzen durchdenkt. In der Zusammenschau fallen allerdings noch einige erwähnenswerte Gemeinsamkeiten auf: Fast alle orientieren sich an viel zu geringen Fallzahlen sowie nahezu ausschließlich an Mann-zu-Frau-Transsexuellen. Offensichtlich sind sie das größere gesellschaftliche Skandalon. Frau-zu-Mann-Transsexuelle scheinen für viele Autoren gar nicht zu existieren.
Keiner der Autoren unterscheidet mit wirklich wissenschaftlicher Exaktheit zwischen »echten« Transsexuellen, also Menschen, bei denen eine primäre Transsexualität vorliegt, und Menschen, bei denen im Rahmen anderer Krankheiten und Phänomene phasenhaft ähnliche Wünsche vorkommen können (z.B. bei den verschiedenen Formen von Transvestitismus, uneingestandene Homosexualität, Adoleszenzkrisen, halluzinoid-wahnhafte Psychosen und andere). Da diese »unechte Transsexualität« gar nicht so selten vorkommt (ich habe für jedes der soeben angeführten Bilder Betroffene kennengelernt) und die Differentialdiagnose bisweilen wirklich nicht leicht zu sein scheint, nehmen die Autoren diese Fälle in unzulässig vereinfachender Weise zum Vorwand, um das Vorkommen einer primären Transsexualität gänzlich zu leugnen.
…
So differenzieren die Autoren allesamt nicht zwischen der zugrunde liegenden Transsexualität und den sich aus der inneren Abwehr und dem Sich-nicht-eingestehen-können der Transsexualität entwickelnden psychischen Veränderungen, Neurosen wie Psychosomatosen.
Eine der witzigsten Hypothesen habe ich kürzlich in dem Buch “Gehirn und Geschlecht” gefunden:
Neben dem erneuten aufgreifen der psychoanalytischen Theorien und auch hier wieder Pathologisierung ausschliesslich von Transmädchen in Form von “ängstlichem Temperament” (Natürlich von Zucker und Bradley, wem sonst) meinen sie:
“Das Erscheinungsbild von Kindern kann bei den Eltern Gefühle und Verhaltensweise auslösen welche die kindliche Geschlechtsentwicklung beeinflussen. Tatsächlich zeigen klinische und experimentelle Untersuchungen (Green 1987; Zucker et al. 1993), dass Jungen mit GIS das ein attraktives äusseres haben, während für Mädchen das Gegenteil gilt (Fridell et al. 1996). Es ist denkbar dass die körperlichen Merkmale (Gesicht) des Kindes von klein auf zu Verstärkung einer atypischen Geschlechterrolle durch die Eltern Beitragen.
Transmädchen (hier Jungen mit GIS genannt) bewegen sich sehr zart und legen teilweise im Rahmen ihrer Rolle sehr untypischen Wert auf äusseres – Transjungen (hier Mädchen mit GIS genannt) tollen rum, versauen sich die Kleidung tragen gerne die Haare kurz und ziehen sich beim Spielen gerne kleine Verletzungen zu – wie andere Jungens eben auch.
Also sehen Transmädchen eher Zart und ungewöhnlich Hübsch für Jungen aus – Transjungen dagegen ganz und gar nicht, wie man es von einem Mädchen erwarten würde. In dem alter sind gerade diese Faktoren nach stark prägend, der (sichtbare) Körper selbst ist ja noch nicht all zu sehr in eine Richtung geprägt. Wenig überraschend also.
Dem Buchtitel wird das Kapitel über transsexuelle Gehirne Erwartungsgemäss nicht gerecht. Obwohl das Buch von 2007 stammt, wird als einziger Hinweis auf die Gehirnanatomie von transsexuellen Menschen die 1996er Studie erwähnt und dann natürlich als viel zu schwacher Hinweis auf eine körperliche Ursache gewertet, den man kaum ernst nehmen könne. Das in den 10 Jahren (ich gehe davon aus dass zwischen Abgabe und Veröffentlichung sicher Ein Jahr vergangen ist) eine Menge weiterer Studien zum Thema gemacht wurden wird bewusst Unterschlagen.
Die psychischen Ursachen müssen verteidigt werden, die Suche nach dem heiligen Gral darf nicht aufgegeben werden.
Um noch mal den Eingangs genannten Text zu zitieren:
…sie sind politisch höchst unerwünscht, sind aber derzeit nicht einfach brutal unterdrückbar; also wird versucht, ihre Zahl mittels Schikanen gering zu halten (ein psychiatrischer Gutachter bekannte mir freimütig, er fühle sich von der Gesellschaft dafür bezahlt, nach Möglichkeit alle genitalkorrigierenden Operationen zu verhindern).
Zu diesen Schikanen gehören:
- Hinhaltetaktiken jeglicher Art,
- starke Erschwerung von Gutachten bei Patienten unter 25 Jahren;
- bewusst falsche Schilderung der juristischen und sozialen Situation;
- Bruch der Schweigepflicht;
- Gutachten wird abhängig gemacht von der Zustimmung der Eltern oder des Ehepartners; diese aber werden gegen den körperlichen Geschlechtswechsel aufgewiegelt;
- es wird ein »Alltagstest« ohne vorherige Hormontherapie verlangt, obgleich die Reaktionen der Umwelt dabei völlig irrelevant sind für die Akzeptanz in der Zukunft (nach Hormontherapie und Epilation);
- Verschleppung der Absendung von versprochenen Gutachten bis zu einem halben Jahr (Austesten der Selbstmordschwelle).
Der Text ist 20 Jahre alt, aber immer noch beschreibt er die reale Situation, insbesondere in der Schweiz.
Die Suche nach dem heiligen Gral ist ein religiöses Thema, das irgendwie an die ältere Artus-Legende angehängt wurde. Der Gral steht als Symbol für einen Glauben und die Suche ist das Ziel – den Gral jedoch gibt es nicht.

Sonntag, 1. März 2009
Alltagstest – Hier und Anderstwo
Eine Bloggerin mit dem Nick “Hear me roar” hat vor kurzem die Geschichte Ihrer Transition veröffentlicht hätte, und wie sie die Behandlung fast getötet hätte: I Changed Sex and Died.
Wie viele andere wurde sie gezwungen, den sogenannten Alltagstest ohne vorhergende Hormonbehandlung zu durchlaufen. Womit sie wie jede transsexuelle Person erst einmal wie eine Persiflage des Wunschgeschlechts wirkt. Sie verlor ihre Familie, ihr Einkommen, Freunde, die dasselbe durchmachten und es nicht überlebten – und war so weit, ihr eigenes Leben mit einer Überdosis Schlaftabletten zu beenden. Ein Polizist wurde auf die leblose Person aufmerksam und brachte sie ins Krankenhaus – sie überlebte und war dennoch mehr Tod als Lebendig. So konnte sie die Transition nicht fortführen. Sie kam bei Freunden unter lebte nach Außen wieder als Mann, fand wieder ein Einkommen und sparte, bis sie es sich leisten konnte, alles selbst in die Hand zu nehmen, Hormone, FFS bei Dr. Ousterhout, GaOP bei Dr. Suporn. Als alles Vorbei war, kehrte sie wieder in ihr Heimatdorf zurück, in Deep Stealth (daher, niemand weis von ihrer Vergangenheit) und seitdem führt sie ein glückliches und zufriedenes Leben – Unerkannt selbst von ehemaligen Freunden.
Die Geschichte liegt bemerkenswert Nahe an meiner eigenen, nur dass ich mich nie zu dem Alltagstest durchgerungen habe, weil für mich die Angst vor genau einem solchen Ergebnis zu Gross war. Das hat mich gute 15 Jahre meines Lebens gekostet. Als ich schliesslich den sozialen Umstieg machte (für mich ist es kein Test) hatte ich zumindest ein halbes Jahr Hormone, und das hatte bereits Gewaltiges ausgemacht. Meine Begegnung mit dem Schweizer System, das noch rigider als das in Deutschland ist, und die Erlebnisse die ich von anderen gehört habe, haben mich darin bestärkt, meinen Weg ohne diese “Hilfe” zu gehen, und sowohl Dr. Ousterhout als auch Dr. Suporn werden meine Chirurgen sein. Was ich mir ironischerweise auch erst jetzt leisten kann, wenigstens ein Vorteil, das sich alles so verzögert hat. Als positives Ergebnis werde ich aber ganz sicher nicht in den Statistiken auftauchen – das bleibt für die Reserviert, die man mit diesem System der Existenzgrundlage, dem sozialen Umfeld und teilweise auch jeder Chance auf eine echte Sexualität genommen hat.
Jamison Green, der im Vorstand der WPATH sitzt, welche die International Standards of Care (Internationale Behandlungsempfehlungen) reagierte in einem Blogpost auf den Bericht von “Hear me Roar” dass dies eben nicht den herausgegebenen Richtlinien entspricht und das heute keine Alltagserfahrung ohne vorhergehende Hormonbehandlung (gängig sind gut 4 Monate) gibt. Und den Begriff Test gibt es nicht mehr, dies ist kein Test den die Behandler zur Diagnose benötigen, sondern soll die vor der endgültigen Entscheidung zur Operation zu einer Erfahrung verhelfen. Und man weis bei WPATH dass eine Alltagserfahrung ohne Hormone gar nicht möglich ist.
In den Kommentaren machte ich ihn darauf Aufmerksam, dass das leider in der Schweiz und Teils in Deutschland auch nichts hilft, da diese sich an eigene, sehr zynische Behandlungsrichtlinien halten. In Deutschland weicht das auf, in der Schweiz dagegen wird es Dogmatisch befolgt. Selbst Dr. Sophinette Becker, die die Leitung bei dem Projekt “Deutsche Standards of Care” hatte, hält das für einen grossen Fehler.
Jamison Green meinte, dass die iSOCs nun einmal nicht bindend sind und es allen Behandelnden frei steht zu tun und zu lassen, was sie wollen, eine Kontrollinstanz gibt es nicht. Und er meinte, dass die Situation in Frankreich wohl sogar noch Schlimmer für transsexuelle Menschen ist. Wenig Erfreuliches also.

Montag, 16. Februar 2009
Northwestern / CAMH Connection - Ein Krimi
Ich setze hier auch einmal das Label "Intersexualität" weil diese Gruppe wohl deutlicher durch den genannten Mob betroffen sein wird, als diese sich aktuell gewahr ist.
Ach ja, zum Guten: Die APA Untersucht mittlerweile die gemeldeten Missbrauchsvorwürfe gegen Zucker.
Natürlich folgten schon entsprechende Drohungen in Richtung der OII
Und nicht nur die OII und Lynn Connway, wie man diesen Aussagen einer betroffenen Entnehmen kann:
I have been theatened legally myself and also have recieved a few calls from someone I don't know who mentions that accidents will happen,
Ich wurde selbst juristisch bedroht und habe einige Anrufen angenommen, von jemand, den ich nicht kenne, der sagt: "Unfälle werden passieren."

Dienstag, 27. Januar 2009
Beschwerden
Damit halbwegs verstanden wird was ich hier alles gesagt habe:
Cis:
Das hier im Gegensatz zu trans, das dort. Alle Menschen, die kein Unterschied zwischen Geschlechtsidentität und sonstigem Geschlecht kennen.
CAMH / Northwestern University:
CAMH steht für "Center of Addiction and Medical Help" in Toronto und Northwestern University ist eine Uni, die damit Eng verbandelt ist. Dort hat man sich auf sexuelle Abweichungen von der Norm spezialisiert. So wurde dort Intersexualität zu DSD (Disorders of sexual development, Abweichungen der körpergeschlechtlichen Entwicklung) um- und definiert, und es besteht die tiefe Überzeugung, das Transsexualität sexuellen Präferenzen entspringt. Desweiteren gilt dort, Männer sind entweder Homo- oder Bisexuell, Frauen immer Bisexuell.
Wer auch immer ihren Ansichten durch eigene Erfahrungen wiederspricht ist entweder unbewusst selbstverleugnend oder gleich ein Lügner.
Das Paradoxe ist, dass diese Gruppen eine Unglaubliche Macht geniessen und Diagnose und Definition frei Bestimmen können, so sitzt David Zucker von der CAMH derzeit dem Konsorzium vor, dem auch weitere Mitglieder dieser Qulique anhängen, dass die nächsten International gültigen Regeln entwirft, und ganz sicher ein weiteres mal alle Abweichungen von der erwarteten Norm als psychisch Krank einordnen wird.
Im deutschsprachigen Raum sind diese Leute allerdings allenfalls Intersexuellen bekannt, da sie einen grösseren Kampf führen, der mehr Information braucht. Transssexuelle aus Deutschland kennen diese Hintergründe seltener, selbst wenn sie politisch aktiv sind.

Sonntag, 25. Januar 2009
Trocken trinken?
Charles Moser
In der Diskussion über Baleys Buch: "The man who would be queen" und der Verteidîgung Baileys durch Dreger kam unter anderem folgender Hinweis auf ihre Verteidigung Baileys:
Archives of Sexual Behavior, Vol.37, No.3, June 2008, p.472-475.
Dreger is a prominent figure in the Intersex movement; I was surprised there was no discussion about the friction (to put it mildly) between the Intersex and Transsexual Movements. The diagnostic criteria for Gender Identity Disorder (Transsexuality) in the DSM-IV-TR (American Psychiatric Association, 2000) specifically omit individuals with a physical intersex condition. Nevertheless, as Dreger notes, some people (both transsexual and professional) believe that transsexuality is a type of neurological intersex condition. Some intersex activists are quite dismissive of this possibility and point to the Autogynephilia theory as a way of distinguishing and distancing themselves from transsexuals.
Dreger ist eine bekannte Persönlichkeit in der Intersexuellenbewegung; Ich war überrascht dass es keine Diskussion ober die Reibereien (um es Milde auszudrücken) zwischen Intersexuellen und Transsexuellen Bewegungen gab. Die Kriterien für Gender Identity Disorder (Geschlechtsidentitätsstörung) in der DSM IV TR (American Psychiatric Association, 2000) lassen die Personen mit intersexuellen Konditionen speziell aus. Nichts desto trotz wie auch Dreger hin weist, gibt es Leute (sowohl Transsexuelle als auch Professionelle) die glauben es handelt sich bei Transsexualität um einen neurologischen, intersexuellen Zustand. Einige Intersex-Aktivisten stehen dieser Möglichkeit sehr ablehnend gegenüber und verweisen auf die Autogynephyle Theorie als ein Weg sich von Transsexuellen zu unterscheiden und zu entfernen.
Ich stehe auf dem Standpunkt: Lieber Baileys trinken als ihn Feiern.
