Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass der Operationszwang zum Erlangen einer Personenstandsänderung nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Das ist gut und das ist ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Menschenrechte derer, deren körperliche Integrität nicht den Anforderungen an ein phänotypisch binäres Geschlecht entspricht. Damit ist offiziell fast jeder Punkt des Transsexuellengesetzes als Verfassungswidrig erklärt worden.
Denkt man zumindest erst mal.
Denn wenn man die Urteilsbegründung liest, kann man daraus nichts als einen herben Rückschlag für die geschlechtliche Selbstbestimmung herauslesen.
Was mir mit am stärksten aufgestossen ist, ist die juristische Stärkung des Hebammengeschlechts. Des Geschlechts, dass nach kurzer Sichtprüfung einem Kind zugewiesen wird:
"Der Gesetzgeber kann bei der Bestimmung der Geschlechtszugehörigkeit eines Menschen grundsätzlich von dessen äußeren Geschlechtsmerkmalen zum Zeitpunkt der Geburt ausgehen und die personenstandsrechtliche Anerkennung des im Widerspruch dazu stehenden empfundenen Geschlechts eines Menschen von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Da das Geschlecht maßgeblich für die Zuweisung von Rechten und Pflichten sein kann und von ihm familiäre Zuordnungen abhängig sind, ist es ein berechtigtes Anliegen des Gesetzgebers, dem Personenstand Dauerhaftigkeit und Eindeutigkeit zu verleihen, ein Auseinanderfallen von biologischer und rechtlicher Geschlechtszugehörigkeit möglichst zu vermeiden und einer Änderung des Personenstands nur stattzugeben, wenn dafür tragfähige Gründe vorliegen und ansonsten verfassungsrechtlich verbürgte Rechte unzureichend gewahrt würden. Dabei kann er, um beliebige Personenstandswechsel auszuschließen, einen auf objektivierte Kriterien gestützten Nachweis verlangen, dass die selbstempfundene Geschlechtszugehörigkeit, die dem festgestellten Geschlecht zuwiderläuft, tatsächlich von Dauer und ihre Anerkennung für den Betroffenen von existentieller Bedeutung ist. "
Es wird also alles andere als Selbstbestimmend davon ausgegangen, dass ein Hebammengeschlecht immer richtig ist und dessen Unrichtigkeit erst einmal bewiesen werden muss. Das ist Futter für die Verteidiger frühkindlicher Zuweisungen (auch Verstümmelungen genannt), die sich im Konstrukt des “Psychosexuellen Notfalls” nun einmal mehr auf die juristische Notwendigkeit einer solchen “Verdeutlichung” berufen können.
Auch können Zuweisungen entgegen dem gelebtem Geschlecht, die nicht für eine Personenstandskorrektur nach Personenstandsgesetz ausreichen und davon Betroffene, die über das Transsexuellengesetz behandelt werden natürlich einmal mehr Regeln unterworfen, die so für andere Menschen beim besten Willen nicht gelten und für mich schon einen krankhaften Zug haben.
"Für ein Leben des Betroffenen im anderen Geschlecht ist eine Angleichung seiner äußeren Erscheinung und Anpassung seiner Verhaltensweise an sein empfundenes Geschlecht erforderlich. Dies wird zunächst nur durch entsprechende Kleidung, Aufmachung und Auftretensweise herbeigeführt, um im Alltag zu testen, ob ein dauerhafter Wechsel der Geschlechterrolle psychisch überhaupt bewältigt werden kann."
Einmal mehr kann man sagen, hier handelt es sich ja ausschließlich um ein Gerichtsurteil, dennoch findet hier die International nicht anerkannte Behandlung nach den Vorgaben der deutschen Standards of Care Eingang in ein juristisches Schriftstück. Man muss sich leider nicht weiter darüber wundern, denn als “Fachleute” waren genau jene Psychoanalytiker zur Stelle, die auch das TSG und die deutschen Behandlungsstandards entworfen haben.
Ironischerweise meinte ein wohlmeindender Pressekommentar, genau dieser Unsinn sei damit abgeschafft worden:
Juristische Geschlechtsanpassung
Das Recht hat zu einem seltsamen Bild von Transsexuellen in Deutschland beigetragen. Es hat die Transsexuellen gezwungen, schon vor einer Operation oder Hormonbehandlung ein Jahr lang in den Kleidern des Zielgeschlechts herumzulaufen. Die Menschen wurden genötigt, sich selbst zu verhöhnen.
Schön wäre es, aber es tut schon gut, wenn Außenstehende die Unsinnigkeit dieser Travestie wenigstens sehen können.
ATME hat in seiner Presseerklärung ganz gut aufgeführt, wie Karlsruhe sich zwar am Grundgesetz, aber weniger an den, auch schon von EU Menschenrechtskommisar Thomas Hammarberg angemahnten Menschenrechten für Betroffene orientiert.
Ganz besonders wichtig ist dem Verfassungsgericht denn auch die Ehe als Institution zwischen Mann und Frau – und dass ist leider eine der schlimmsten Nachrichten.
Trotz zunehmender juristischer Gleichstellung der Geschlechter scheint es genau dieser Punkt zu sein, der die Abschaffung des juristischen Geschlechts unmöglich macht. Und wenigstens ein Geschlechtseintrag Other (undefiniert) wie er durch das internationale Passrecht vorbereitet ist? Siehe das erste Zitat.
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In meinem Beitrag Frust hatte ich schon darüber geschrieben:
Man sollte meinen, das Transgender, transsexuellen Menschen und intersexuellen Menschen ein gemeinsames Ziel am Herzen liegt:
Geschlechtliche und körperliche Selbstbestimmung
In Bezug auf die Gestaltung dessen, was das TSG ersetzen wird sind alle in der Pflicht. Intersexuelle dürfen nicht meinen, das trifft sie nicht, da es ja um Transsexuelle geht. Transsexuelle (im Sinne von pro OPs) dürfen sich nicht auf das TSG als Privileg berufen, wie ich das verschiedentlich erlebt habe. Und Transgender dürfen nicht so tun, als sei einzig Judith Butlers Auftrag bindend, Gender-Trouble zu stiften.
Die deutsche Kaste der Sexologen, die gleichsam viel Leid über, sagen wir mal außergewöhnlich Geschlechtliche, gebracht haben, dürfen nicht einfach ein weiteres mal die bestimmenden Experten für ein Gesetz sein, und sich dabei auf Ideen berufen, die die Massenvernichtungswaffen des Iraks als PR-Gag alt aussehen lassen.
Ich verlange, und ich weis, eigentlich steht mir das nicht zu, eine Zusammenarbeit von:
Trans Inter Queer, ATME, Zwischengeschlecht e.v., DGTi, XY-Frauen, IVIM (OII Deutschland) und und und…
Denn ob es gemocht wird oder nicht, ob es gewollt wird oder nicht, es Betrifft alle.