Tatsache ist, dass 1973 nach massiven Protesten Homosexualität (als solche) als psychische Störung aus dem Diagnostischen Manual der Psychologenvereinigung APA (DSM) entfernt wurde.
Das ist aber für sich genommen nur eine Frage der Klassifizierung, nicht aber des Grundsätzlichen Modells der Psychoanalyse, die eine sogenannte psychosexuelle Entwicklung mit verschiedenen Stufen der Entwicklung, die auch durch äussere Einflüsse gestört werden können, stattfindet und die Sexualität eines Menschen fixiert. Es ist nicht eine von vielen Theorien der Psychoanalyse, es ist deren Grundlage. Für die Psychoanalyse entstehen "normabweichende" sexuelle Ausrichtungen und "Geschlechtsidentitäten" durch störungen in einem normalen Entwicklungsablauf.
Die Person, mit der ich Diskutiert habe, meint nun, sämtliche Psychoanalytiker und sämtliche Fachbücher/-artikel die sie gelesen hat, würden Homosexualität nicht als solche Betrachten - und erklärt meine Aussage, die Psychoanalyse sehe Homosexualität auch heute noch als Ergebnis einer psychosozialen Entwicklungsstörung, damit zur Lüge, oder sagen wir mal höflicher "Überreaktion".
Nun habe auch ich eine Menge Fachmaterial gelesen und bin zu eben diesem Ergebnis gekommen. Die interessante Frage ist also - wieso kommen wir da zu so unterschiedlichen Schlüssen?
Ich denke das liegt an der Ausgangssituation. Ich lese natürlich vor allem Material, dass sich um Transsexualität und Transgender Themen bewegt, während ihr Kontakt mit der Zunft wahrscheinlich wenig von diesem Thema geprägt war.
Und in mir keimt der Verdacht auf, dass sich die Analytiker, die zuvor mit Freude Homosexualität pathologisiert haben sich nach dem Maulkorb auf das Thema TS/TG gestürzt haben.
International sind das z.B. Leute wie Kenneth Zucker (Verbindungen zu NARTH), Ray Blanchard oder J. Michael Bailey.
Im deutschsprachigen Raum ist es vor allem der Kreis in und um die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung mit Leuten wie Volkmar Sigusch (im Unruhestand), Friedemann Pfäfflin oder Sophinette Becker.
In deren Texten wird Homosexualtität und Transsexualität dann gerne vermischt, indem zumindest ein Teil der Transsexuellen als homosexuell Motiviert (nicht durch unterdrückte Homosexualität) bezeichnet wird. Ganz plump und kurz gefasst sei die Motivation dieses Teils der Transsexuellen durch den Wunsch geprägt, mit hetereosexuellen Männern zu schlafen.
In der Begründung wird dann eben über psychosexuelle Entwicklung gesprochen und dass die Fehlentwicklung, die zu Homosexualität führt unter ein paar Bedinungen auch in die Transsexualität führt (gewissermassen zwei mal falsch abgebogen).
Aus den Augen, aus dem Sinn
Die (Unter-)Diskussion in jenem Thread begann damit, dass jemand meinte, Psychoanalyse wäre eh nicht als Wissenschaft anerkannt und hätte für die Praxis keine Relevanz. Auch wenn das für den Blick Homosexueller ein Stück weit zutreffen mag, sieht es für Transsexuelle ganz anders aus.
Diese "Forscher" arbeiten als Gutachter, Therapeuten, schaffen Behandlungsstandards für Transsexualität (deutsche "Standards of Care") und nehmen Einfluss auf die Gesetzgebung.
Wenn man so wenig über das Thema Homosexualität aus dieser Richtung hört, dann auch deshalb, weil es für Behandlungen keine Relevanz hat, was ja auch so sein sollte. Aber ich denke vernachlässigen sollte man es keine Sekunde - auch nicht aus dieser Perspektive. Das fängt mit "Gender Identity Disorder in Childhood" an, dass hauptsächlich homosexuelle Kinder in reparative Therapien drängt (von denen viele Homosexuelle gar nichts wissen) und wird bei jedem Versuch wichtig, die rechtliche Lage sexueller Minderheiten zu verbessern. Zum Beispiel beim Thema Adoption.
Gerti · 777 weeks ago
Hier ist Gerti...Ich habe Deine Seite mit Interesse gelesen,
Ich "kenne" Dich bereits von Svenjas Blog und fand Deine offene, ehrliche und konstruktiv-kontroverse Art immer prima. So was braucht ein Blog, davon "lebt er", dadurch kommt "Musik ins Spiel". Du bist vor allem um sachliche Aufklärung bemüht und das interessiert mich sehr.
Ich möchte Dich einladen, mal meinen Bloghttp://www.gerti-in-trans.blogspot.com zu besuchen. Meinen Blog verstehe ich zugleich als Diskussionsplattform für ALLE Betroffenen.
Komm doch mal vorbei, vielleicht trägst Du etwas zu Diskussion bei - würde mich freuen - keine Angst, ich "beiße nicht". Ich denke, wir sind uns sehr "ähnlich, aber das finden wir noch besser heraus.
Ich erwarte Dich - bis bald.
Viele Grüße
sendet Dir Gerti.
Gerti · 776 weeks ago
Gerti hier - ich bin keine Spamerin - wirklich nicht! Sorry, once more, ich habe das auch schon in meinem Blog öffentlich bedauert - I´m a beginer with the Internet-Blogging, it will be better soon - all right?
Ich kopiere aus Sicherheit meinen eingegebenen Text immer, weil der manchmal bei "Kommentar erstellen" weg war. Als ich dann bei Sandra geschrieben habe, war der Text wirklich zunächst weg und ich habe "Kopieren" gedrückt und nicht noch mal gelesen - "Ascheberg auf mein Haupt..."
Trotzdem halte ich meine Einladung aufrecht, denn ich mage es, wenn Leute offen ihre Meinung sagen, auch wenn die nicht immer deckungsgleich mit meiner ist, wir sind ja aber auch alle nicht deckungsgleich - Gott sei Dank.
Dir alles Gute weiter
See you later...
Gerti
P.S.: Ich kreiere auch keine "fiktiven" weiteren Personen, wie das manche tun...mich gibts nur als "Gerti-in-Trans".
Janine · 771 weeks ago
die professionelle heutige Psychoanalyse versucht keinen umzupolen, sie schaut sich die Sexualitäten in einem amoralischen Setting an. Den Weg entscheidet der Patient.
Es gibt viele Homosexuelle und Transgender, die Ich-Dyston empfinden, d.h. ihre Homosexualität und Transsexualität nicht als Teil von sich erleben und deswegen eine Therapie machen. Oft liegt dem eine Wechselwirkung von äußeren, gesellschaftlichen und innerpsychischen Motiven zugrunde. Im Laufe einer Analyse, die im besten Fall mehrere Jahre andauern sollte, kristallisiert sich heraus, in welche Richtung der Patient gehen kann und vor allem will.
Tatsächlich sind Ursachen der “gestörten” Sexualität, auch der heterosexuellen, andere, emotionale ungelöste und Komplexe Konflikte, die der Analysand oft gar nicht damit in Verbindung bringt. Deswegen gibt es auch viele verschiedene Sexspielarten, wie SM, Fetische usw. Es werden unbewusste Inhalte auf sexueller Ebene reinszeniert, was zu einer vorübergehenden Triebabfuhr führt und das Gleichgewicht aufrecht erhält.
Und es ist wirklich immer noch so, dass ein Psychoanalytiker in einer Ich-Dystonie von Sexualität eine Chance sieht, dem Analysand zu helfen, diese Konflikte in zwischenmenschlichen, nicht-sexuellen Beziehungen zu bearbeiten.
Dass die versch. Sexualitäten im psycho-sozialen Raum konstruierte Größen sind, ist ja indiskutabel.
Liebe Grüße
Janine
(Keine Psychoanalytikerin)
BadHairDays 54p · 767 weeks ago
Absolut nicht. Wie ich es in meinem Artikel beschrieben habe, wird so gerade fleissig Argumentiert in der Debatte um Adoptionen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in der Schweiz.
http://www.nzz.ch/blogs/nzz_votum/nzzvotum_famili...
Zitat:
"Die besten Voraussetzungen zur Entwicklung einer sicheren Geschlechtsidentität hat ein Kind, wenn es in der alltäglichen Geschlechterspannung von Mutter und Vater aufwachsen kann."