Sonntag, 7. Dezember 2008

Vergangenheit

Meine Psychotherapeutin ist recht sauer auf mich, weil ich nicht irgendwelchen Details aus meiner Vergangenheit mit ihr sprechen will. Als Psychoanalytikerin ist sie es gewohnt, aktuelle Probleme auf etwas in der Vergangenheit zurückzuführen und ihre Klienten auf diesen Punkt zu stossen, um eine Heilung herbei zu führen.


Der Punkt, dass ich mein Ich eigentlich mein gesamtes Erwachsenenleben unterdrückt habe und erst jetzt in der Lage bin, zu erforschen wer ich eigentlich bin, welche Persönlichkeit ich habe usw und das es viel interessanter für mich ist, diesen Bereich zu erforschen, das passt nicht in ihre berufliche Ethik.


Nichts desto trotz bin ich 37 und natürllich lässt sich nicht Leugnen, dass zwischen dem Punkt, als ich Ich sein Konnte, und als ich mich zu einem ständig kalkuliertem Schauspiel degradiert habe also dem Punkt als ich noch emotional Missbraucht wurde, weil ich nicht in die Konventionen passte (eigentlich ist der Beginn der Phase etwas später, ich musste erstmal lernen Männerverhalten zu immitieren) doch einige Zeit vergangen ist, in der ich nicht einfach nur Tod war.


Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch. Wenn ich auch die Tatsache, dass ich Deutschland wehrdienstleistete schon in der Grundausbildung für einen grossen Fehler hielt, so habe ich doch zwei Jahre als Soldat auf Zeit gemacht, da ich auf diese Art einen sehr guten Nettoverdienst herein holen konnte. Aber sich zu verplichten bedeutet mehr als nur ein weiteres Jahr zu machen – es bedeutet, dass man zu einem Kriegseinsatz nicht mehr nein sagen kann. Und ich war in einer Krisen Reaktions Kraft (KRK) das bedeutet im Einsatzfall kamen wir dran (und die Einheit kam es tatsächlich kurz nach meinem Ausstieg).


Wenn mir heute eine Freundin von romatischen Vorstellungen über das „Killer“-Leben erzählt muss ich daran denken, für sie ist das ein Gedankenspiel, für mich war es Realität. Ich habe gewusst was sein kann, nämlich dass ich im Rahmen meines Berufes jemanden töten müsste – und ich habe mir ernsthaft Gedanken gemacht, ob ich unter diesen Bedinungen bereit bin, für zwei Jahre zu unterschreiben. Und ich kam zu dem Schluss, ich bin es. Wenn ich auch nie einen Menschen töten musste – und ich habe die leeren Augen derer gesehen, die es tun mussten – ich war damit Konfrontiert.


Die Situation war allerdings beruflich auch verführerisch. Hätte ich 12 Jahre Verpflichtung in Kauf genommen (Offizierslaufbahn), hätte ich ein Studium bei vollem Gehalt finanziert bekommen – ebenfalls eine Option, die ich mir sehr genau überlegt hatte – und verworfen, da ich mir meiner Situation auch damals vollkommen bewusst war. In der Bundeswehr währe eine Transition niemals ohne extremes Mobbing möglich gewesen, zu dem zu meiner Zeit Frauen nur im Sanitätsdienst und im Musikdienst erlaubt waren.


Ich kam nie in die Lage, jemanden töten zu müssen (meine Kameraden im Einsatz soweit ich weis auch nicht) aber der Punkt geht mir nach. Ich denke heute würde ich mich anderst entscheiden.