Freitag, 26. Dezember 2008

Das binäre Geschlechtsdenken und „wahre“ Transsexuelle

In einem anderen Blog bin ich auf diesen Ausschnitt eines Kommentars gestossen:

I have a friend who has lived as a woman for years and just recently had her vaginoplasty who expresses nothing but contempt for transpeople who are open about their status because she thinks they blur the line between the two (and only two) sexes.

Ich habe eine Freundin die seit Jahren als frau lebt und erst kürzlich ihre Scheidenplastik hatte, und nichts als Verachtung gegenüber Trans-Menschen hat, die offen über Ihren Status reden – weil sie denkt dass diese die Linie zwischen den zwei (und ausschlieslich zwei) Geschlechtern verwischen.

Diese Frau ist leider keine Ausnahme. Transsexuelle sind Frau oder Mann (Transgender nicht unbedingt). Das ist eine Tatsache. Und viele wollen, erstmal den ganzen Prozess abgeschlossen, auch nichts mehr mit der transsexuellen Vergangenheit zu tun haben. Nichts unterscheidet sie jetzt mehr von einem Mann oder einer Frau – nur Verrückte reden offen darüber. Für sie gehören Menschen die keine geschlechtsangleichende Operation oder gar eine Hormonersatztherapie wünschen, weil das nicht ihrem neurologischem Körperbild entsprechen würde, so wie so in ein Irrenhaus. Ganz zu schweigen von denen die sich nicht genau dem ein oder anderem Geschlecht zugehörig fühlen.

Solche Frauen verschwinden meist in der Gesellschaft, nicht einmal ein Ehemann weis mehr, das seine Frau einen ganz speziellen Grund hat, ihm keine Kinder schenken zu können.

Wie schlecht ich über Menschen Denke, die diese Haltung haben, ist kaum Vorstellbar. Es gibt ein Zitat von Erich Kästner, das bringt es auf den Punkt:

Niemals darfst Du so tief sinken, den Kakao, durch den man Dich zieht auch noch zu trinken.“

Alle Steine, die Transsexuellen in den Weg gelegt werden, sind der einfachen Ansicht geschuldet, es gebe nur Mann und Frau. Egozentrisch wie diese Menschen sind, denken sie, diese Gesellschaftsregel gelte für alle, nur nicht für sie – weil sie mit einem Lügengebilde eine „heile“ Welt erhalten. Aber das genügt ihnen nicht: Sie müssen sogar andere, die ihnen den Weg geebnet haben, verdammen. Weil das schöne Mann-Frau Weltbild durch sie durcheinander gebracht wird.

Ich habe Neuigkeiten für euch:

Ich BIN eine FRAU

Ich bin eine Frau, die jahrzehnte für einen Jungen und später Mann gehalten wurde, weil mich euer geliebtes Zweigeschlechtsystem zum verstecken in der tiefsten Schublade meines Unterbewusstseins gebracht hat.
Und genau deshalb bin ich AUCH eine TRANSFRAU. Und ich erzähle denen, die wissen wollen, was das denn ist, davon – und was es damit auf sich hat.

Warum?

Ich will die Antwort dieser mir unbekannten Person geben:

Durch Selbstverleugnung erreichst du gar nichts. Sicher warst du nie ein Mann oder Junge, aber nichts ändert das geringste Bisschen daran, dass dich andere in der Zeit als solche wahr genommen haben. Vielleicht hattest du eine Leugnungsphase wie fast alle TS, die nicht den Segen hatten, rechtzeitig (Vorpupertät) behandelt zu werden? Vielleicht hattest du männliche Freunde, mit denen du auch typisch männliche Hobbys genossen hast? Warst Jagen, an Autos schrauben oder Flugmodelle basteln?
Aber plötzlich denkst du, wenn du den Kakao trinkst, nur noch Dinge tust, die fünfziger Jahre Hausfrauen im patriarchischem Sinn tun, und NIE, NIE, Niemals etwas über deine Vergangenheit offenbarst, bist du eine Frau (und Gott behüte, du könntest sexuell auf Frauen fixiert sein, das ist doch nicht weiblich?)

Pfui. Du bist eine Schande für Transsexuelle – aber was noch viel Schlimmer ist: Du bist eine Schande für die Gleichberechtigung der Frau.

Das allerschlimmste ist. Nachdem du die Lüge gelebt hast, allen als Mann zu erscheinen, und dich das in die Verzweiflung getrieben hat, lebst du jetzt die nächste Lüge.

Und das ist der Punkt, an dem meine Wut verpufft und ich einfach nur noch Mitleid habe.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

\"Sicher warst du nie ein Mann oder Junge, aber nichts ändert das geringste Bisschen daran, dass dich andere in der Zeit als solche wahr genommen haben.\"\n\nIch bin mir da nicht so sicher, ob das immer so ist (mit der Wahrnehmung). Die Frage ist doch auch hier: was ist das, eine \"Frau\"? Klischee? Oder ist das mehr? Und was meint eine Transfrau, die sagt sie ist \"eine Frau\"? Meint sie etwa gender-Klischees oder meint sie hier eventuell etwas völlig anderes wie z.B. einfach nur das Wissen über das eigene Selbst?