Sonntag, 23. August 2009

Ein ganz normaler Mensch

Für transsexuelle Menschen ist das Leben als ob ihnen jemand als Kind eine Clownsmaske aufgesetzt hat und gesagt hat, du bist jetzt ein Clown und musst immer lustige Dinge tun. Die Maske dürfen sie nicht einmal abziehen, wenn sie schlafen gehen. Etwas unbequem, aber nichts was einen tötet. Viel schlimmer sind die Sanktionen, wenn man sich nicht verhält wie ein Clown. Dann mit der Pupertät, wird dem Kind ein immer enger anliegendes Clownskostüm angelegt, es fängt an stärker gegen seine Rolle zu rebellieren – alle lehnen es ab selbst andere Clowns, denn die merken recht schnell, dass du keiner von ihnen bist und nicht zu ihnen passt. Zu irgendeinem Zeitpunkt in ihrem Leben wird dem Kind klar, so geht es nicht weiter, die Clownsmaske nimmt die Luft zum Atmen, und man ist nun mal nicht der Clown, für den jeder einen hält. Sie suchen Hilfe. Und dort sagt man dir: Deine Clownidentität ist gestört. Und andere Fragen sich: „Warum will ein Clown ein normaler Mensch sein?“

„Aber ich bin doch ein normaler Mensch?“.

Es gibt ein Protokoll für solche Menschen. Nach einem Jahr Psychotherapie soll er ein weiteres Jahr einen Alltagstest machen. Seine Clownmaske darf er weiterhin nicht abziehen, aber er soll sie Orange übermalen. Das Clownskostüm wird unter einer Menge Kleidung vergraben, und wehe, sie da ist nur eine fröhliche Farbe dabei! Nach einem weiteren Jahr darf er nun nach und nach Teile seines Clownskostüms ablegen, doch oh schreck, Jahrzehnte lebens unter dem engen Clownskorsett haben sein Körper verformt. Aber ein wenig natürlicher wirkt es schon. Mindestens ein halbes Jahr dauert es, bis er das Kostum nun endgültig ablegen darf, die Clownsmaske kommt herunter. Das geht allerdings nur mit operativen Eingriffen, ein Leben lang getragen, ist sie regelrecht mit dem Gesicht verwachsen. Früher hat man sie nur einfach weggenommen, das Gesicht war Steiff und nach der Maske verformt. Heute gibt es bessere Methoden, aber die Krankenkasse zahlt diese nicht.

Sehr erleichtert geht er seines Weges und kann endlich er selbst sein, ein normaler Mensch. Doch kurz darauf wird die Presse aufmerksam. Kein Problem denkt er ich und erzählt seine Geschichte. Was er kurz darauf liest, verschlägt ihm den Atem: „Mensch X wurde als Clown geboren.“

Der Mensch denkt sich, euch werde ich es zeigen ich war nie ein Clown. Und fängt an zu lernen, was die Psychologen wirklich von ihm dachten. Und fällt aus allen Wolken:

„Ein Clown will entweder normale Leute in sein Bett bekomen oder er ist sexuell erregt durch den Gedanken, ein normaler Mensch zu sein“ liest er an einer Stelle.

An anderer
„Die Clownidentität ist verletzt, sie wird ersetz durcheine Identität vorgergründig normaler Menschen, der Clown strebt die Transformation zum normalen Menschen an…“

Und dann findet der normale Mensch einen Artikel, der hingebungsvoll aufzeigt, warum das alles Schwachsinn ist.

Und dann findet der normale Mensch heraus, dass es unzählige Forschungen gibt, die aufzeigen, dass es eine Maske war, die er trug, dass Menschen wie er die Maske im Augenbick ihrer Geburt bekommen.

Und er versucht es der Welt mitzuteilen: Seht her, 80 Jahre lang fragtet ihr euch, warum ein Clown ein normaler Mensch sein will, aber in den letzten 10 Jahren hat die Forschung aufgezeigt, wie mir die Maske übergestülpt wurde.

Aber nein, du bist doch verrückt, antwortet die Öffentlichkeit, du bist so wenig ein normaler Mensch, wie eine Maus ein Elefant ist, wenn man ihr einen Rüssel annäht.

Forschung? Ist doch alles nur Gewäsch.

1 Kommentar:

Andrea hat gesagt…

Dies sagt einfach ganz wunderbar aus, wie es mir erging und ich denke, dies gilt für viele von uns.

Hoffen wir also, dass die Forschung doch irgendwann mal angesehen wird.