Svenja hat auf ihrem Blog einen witzigen Artikel zur ihrer Migration ins Reich der Frauen und einem Vergleich der lokalen Kulturen geschrieben. Wie so oft sind die Kommentare mindestens genau so lesenswert wie der Artikel und so kam so einiges zusammen auf das ich aus meiner Perspektive antworten will. So viel, dass es eigentlich zu lange für einen Kommentar ist.
Deswegen schreibe ich es als Artikel.
Erst ein paar Punkte zu Svenjas Aufenthaltsbericht:
Da musst du nicht am ganzen Körper und im Gesicht immer makellos sein. Im Gegenteil. Ich hab mir mal die Arme und Beine rasiert, da hat meine Ehefrau eine Riesenszene gemacht.
Julia Serano hat in ihrem Buch Whipping Girl diesem Phänomen ein kleines Kapitel gewidmet, das Bloggerin Butch Bitch übersetzt hat: Das Haarspangen-Manifest.
Weiter schreibt Svenja:
Ein paar von uns Auswanderern sind hier ja nicht zurechtgekommen und dann doch wieder zurückgegangen nach Männerland. Zum Glück gibt es dafür ja extra die einjährige Probezeit mit Quarantäne. Das nennt sich Alltagstest und viele haben total Angst davor, weil man in dieser Zeit nirgends so richtig dazu gehört.
Es ist ja die Quarantäne, die den Alltagstest zur Farce macht. Die angebliche Grundidee des Alltagstests ist ja, dass man das Leben im eigentlichen Geschlecht kennen lernen soll. Das Funktioniert in etwa so gut, als wenn man jemanden in einem Urlaubshotel im entsprechenden Land einquartiert und von dort aus kleine Touren zu den Sehenswürdigkeiten stattfinden. Mit dem Rucksack und der Kamera immer klar als Tourist erkennbar. Sicher, meist sind die Einheimischen freundlich, aber vom eigentlichen Leben bekommt man nichts mit. Nur ist das ganze noch schlimmer... Touristen sind in den beiden Ländern nicht gerne gesehen, und schlecht integrierte Immigranten noch weniger.
Nun schreibt Kommentatorin Hexe:
Ich würde gern mal einen Urlaub in Männerland machen. Hab ich mir schon als kleines Mädchen gewünscht. Nicht für immer, nur nicht. Aber ganz ehrlich, ich wollte schon immer mal wissen, wie sich so eine bestimmte Sache für die Männer anfühlt.
Es funktioniert leider nicht. Eben wegen dem Rucksack und der Kamera...
Frida Thurm vom Spiegel hat es zum Beispiel probiert und davon Berichtet: Im Körper des Feindes
Norah Vincent war etwas erfolgreicher, ihre anthropologische Studie dauerte etwa ein Jahr – und endete in einem Nervenzusammenbruch. Sie schrieb das Buch „Self Made Man: One Woman's year Disguised as a Man“ darüber. Etwa die Hälfte der transsexuellen Menschen hält länger durch. Die andere Hälfte endet im Selbstmordversuch. Das allerdings ist die Statistik der Überlebenden.
Es gibt eine Simpsons Folge: Gleichung mit einem Unbekannten in der Lisa durch die Umstände getrieben dieses Experiment wagt. Ich habe diese Folge auf der Festplatte, weil sie mich so sehr an meine eigene Kindheit erinnert. Das Thema ist für mich zu persönlich und zu schmerzhaft als dass ich darüber in diesem Blog schreiben wollte, aber Britta hat eine kleine Serie ihre Kindheits- und Jungenderfahrung geschrieben:
Hier nur zwei Artikel aus der Serie:
Allein unter Männern
kleiner Leid(!)faden transidenter Überlebensstrategien
Mimese und Mimikri
wie Britta sich eine kleidsame Tarnkappe häkelte
Zirkuskind fragt:
Hast du manchmal das Gefühl die Männer dieser Welt verteidigen zu wollen, weil du auch mal einer warst oder siehst du mit einem breiten Grinsen drüber hinweg??
Tja, das ist ein Missverständnis. Nur weil man in Männerland gewohnt hat, war man deswegen eben nicht eine Mann. Ich habe mir vielleicht ein besseres, tieferes Bild über Männer machen können, als es die meisten anderen Frauen haben, aber keinen Bericht aus der gewünschten Perspektive abgeben. Fühle ich mich genötigt, Männer manchmal zu verteidigen? Nein, wenn sie sich Lächerlich machen, ist das ihre Sache.
Sudda Sudda ist mir da schon näher:
Lass uns setzen, still einen kühlen Schluck genießen und schweigend das Leben im Frauenland genießen, bevor...
ja, bevor...
WIR ÜBER DAS MÄNNERLAND LÄSTERN!
Katrin fragt:
Ich finde ja, dass Du einen Vorteil hast gegenüber Biofrauen. Du weißt, wie es sich anfühlt, ein Mann zu sein UND wie es ist, eine Frau zu sein. Wobei Du Dich ja als Mann trotzdem wie eine Frau (im Männerkörper) gefühlt hast? Oder gab es Zeiten, in denen Du Dich wie ein Mann gefühlt hast?
Ich kann natürlich nur für mich sprechen. Nein, ich weiss nicht, wie es sich anfühlt ein Mann zu sein. Das Körperbild stimmte nicht mit der neuronalen Vernetzung im Gehirn überein. Bei einem Mann tut es das. Ein Mann findet es nicht als Eklig, Dicke Haut mit viel Haaren zu haben und zuckt bei jeder Berührung des Körpers zusammen. Und das ist nur ein Beispiel. Gerade was die Genitalien betrifft hatte ich zwar das selbe Equipment, und es wurde auch dahingehend getestet, ob es funktioniert, aber es fühlte sich für mich an wie ein Geschwür. Heute ist zwar alles am richtigen Platz, aber zum Beispiel die Oberfläche der Klitoris fühlt sich immer noch falsch an. Da weiss ich, dass auch die beste derzeit verfügbare Technik keine echte Rekonstruktion hin bekommen hat.
Um nochmal auf Katrin ein zu gehen:
Du bist eine Frau und weisst aber, wie sich "das eine" für einen Mann anfühlt. Wüsstest Du gerne, wie es sich für eine Frau anfühlt?
Hab ich mich zu unklar ausgedrückt? Oder steigt man da durch?
Ich weiss eben nicht wie sich die männliche Seite (für einen Mann) anfühlt, aber ich wusste vorher schon ganz genau, wie sich die weibliche anfühlt. Da gab es auch keine grosse Diskrepanz zwischen dem Wissen darum und dem nun möglichen Erleben.
Was unterscheidet diejenigen, die uns angreifen, von uns selbst?
-
*Der erste Schritt, damit Menschen gesellschaftlich gleichberechtig leben
können, ist der, sich selbst als echt anzuerkennen. Selbstbestimmtheit
heisst, ...
vor 4 Wochen