Montag, 27. Juli 2009

Fehlinformationen

Zur Zeit gehen zwei Fehlinformationen gross durch die Presse:

Erstens, das Kim Petras die jüngste Person mit einer geschlechtsangleichenden Operation (die eigentlich immer fehlerhaft als Geschlechtsumwandlung tituliert ist.)

Der britische Dailystar will sich besonderst informiert geben:

Previously, the youngest person to have had a sex change was
Cumbrian-born Angel Paris-Jordan, who had the operation in 2002 aged
just 17.

Zuvor war die jüngste Person, die eine Geschlechtsumwandlung hatte, Angel Paris-Jordan aus Cumbrian, die die Operation 2002 im Alter von gerade mal 17 hatte.

Richtig ist allenfalls, das die beiden die jüngsten transsexuell diagnostizierten waren, die sch je in ihrer jeweiligen Heimat einer Operation unterzogen. Erstens gibt es die Zwangsoperationen an Zwitterkindern, die Teils gar nicht so zwittrig sind (Mikropenis reichte oft schon) die an zarten Babies ausgeführt werden, zweitens gibt es andere Kulturen, wo dies früher Möglich ist und drittens weis ich von mindestens einer Deutschen, die vor zwei Jahren mit 16 bei Dr. Suporn operiert wurde (mit Diagnose und Einverständnis der Eltern operiert Suporn ab 16)

Das entgegengesetzte Extrem ist es, das derzeit über die 77 jährige Renee Ramsey als der ältesten Person gesprochen wird, die eine genitalangleichende Operation erhielt, z.B. hier (man beachte die falschen Personalpronomen).

Wieder falsch. Schon meiner Therapeutin ist eine 85 jährige bekannt, die den Weg gegangen ist. Passt wunderbar ins Bild mit der erfundenen Selbstmordrate von 80% oder der immer wieder falsch angegebenen Betroffenenrate.

Montag, 20. Juli 2009

Ein Experiment

Die Webseite des Printmediums Die Zeit besitzt einen Communitybereich, indem es auch nmöglich ist, Leserbeiträge zu schreiben. Ich habe nun einmal versucht, das Thema Berichterstattung vs. Wahrheit über Transsexualität dort zu platzieren und bin sehr auf die Reaktionen gespannt:

http://kommentare.zeit.de/user/bad-hair-days/beitrag/2009/07/20/transsexualit%C3%A4t-f%C3%BCr-journalisten-ein-tabu


"

Wann immer über betroffene Personen oder den Umgang von Gesellschaften mit Transsexualität berichtet wird, wimmeln die Artikel von faktischen Fehlern und beleidigenden Darstellungen. Warum ist das so?

Die Existenz von Transsexualität durchkreuzt Unmengen von Weltbildern.
- Die biblische Dichtomie in Mann und Frau - Mann und Frau werden nahezu wie zwei unterschiedliche Spezies behandelt. Sie findet sich immer dann gerne in der Öffentlichkeit, wenn über "Familliere Werte" geredet wird.
- Die freudsche Psychoanalyse, welche die Psyche eines Menschen am Vorhandensein eines Phallus definiert (Penisneid)
- Die feministische Grundhaltung, der einzige Unterschied zwischen Mann und Frau sei die Erziehung durch Eltern und Umwelt
- Der Biologische Determinismus, z.H. anhand von Chromosomenpaaren (XX = Frau, XY = Mann)

..."

Mittwoch, 15. Juli 2009

Good girl gone bad

Kim Petras hat sich mit ihrem Auftritt vor einigen Jahren bei Stern TV sehr um das Verständnis von Transsexualität verdient gemacht und vermutlich vielen, wenn auch immer noch viel zu wenigen, Transsexuellen Kindern einen Weg aufgezeigt, das rechtzeitige Hilfe möglich ist.

Für sie bedeutete das jedoch leider, dass sie nun fortan immer mit dem Nimbus der bekannten Transsexualität leben muss. Schon damals wurde ihr ein Superlativ von den Medien vergeben: Deutschlands jüngste Transsexuelle - das war gleich doppelt falsch, den
a) wird man Transsexuell geboren, dementsprechend sind schon Babys transsexuell,
b) befanden sich zu der Zeit einige weitere Kinder in Behandlung, also selbst wenn man einen verschluckten Nachssatz (... in Behandlung) hinzudenkt, ist es falsch.

Was das für sie bedeutet, kann man zum Beispiel aus folgendem Blogpost folgern, ähnliche Aussagen habe ich in der internationalen Blogszene oder in den Kommentaren ihrer Youtubevideos gefunden.

Nun nutzt die Gute aber ihren Bekanntheitsgrad fleissig aus, und da sie nun ein Musikvideo veröffentlich hat, wird dieses auch gleich weiträumig Promotet... mit einem neuen Superlativ - sie wäre die jüngste Geschlechtsumwandlungspatientin. Ich bin ziemlich sicher, dass das auch so in der Pressemitteilung steht, denn exakt das ist es, was die Medien, die etwas bringen, als gemeinsamen Nenner für ihre Artikel haben.

Diesen Sensationseffekt auszunutzen, mag für ihre Karriere gut sein, denn das Musikvideo alleine ist bei weitem nicht gut genug, um für Aufmerksamkeit zu sorgen:



Der Sound ist zum einschlafen, die Umsetzung der Choreographie katastrophal.

Leider macht sie mit dieser Art des Marketings so ziemlich alles Gute, was sie durch ihr frühes Outing geleistet hat, wieder kaputt.
Denn wie erhofft stürzen sich die Boulevard Medien darauf und verwursten das Thema aufs schlimmste.

Den schlimmsten Artikel hat die Sun geliefert:
Pop star Kim used to be Tim
(Pop Stern Kim lebte mal als Tim)
Wobei natürlich von Geschlechtsumwandlung (Sexchange) geprochen wird
und
Teen tranny's deebut video
Teenager Transes Videoprimiere
(Und der URL steht sogar transvestite teen - Transvestiten Teenager)

Und der britische Daily Star gibt Nachschlag:
POP QUEEN USED TO BE A BLOKE
Pop Prinzessin lebte mal als Macker

Die Berichterstattung im einzigen deutschsprachigen Medium, bei dem ich etwas gefunden habe betrifft, ist sie bis auf den Titel fast human:
Neue Single, neues Geschlecht, neuer Star? bei 20min

Erst kürzlich habe ich darüber geschrieben, was diese Art der Berichterstattung für Betroffene bedeutet (Worte, die töten), und hier wird es aktiv von Kim Petras (und der Marketingabteilung ihres Plattenlabels) gefördert.

Ganz abgesehen davon, dass du liebe Kim Petras nicht die jüngste mit einer Geschlechtsangleichung bist. Da können Intersexuelle (angefangen bei Micropenis) oder Menschen wie David Reimer ein negatives Lied von Singen und die Deutsche, die vor zwei Jahren schon mit 16 bei Dr. Suporn war, war wohl im positiven Sinn etwas schneller. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass in anderen Kulturen wie Thailand früherer (eingewilligte) GaOPs schon öfter vorkamen.

Nachtrag: Jetzt berichtet auch Bild.de - für Bild ein erstaunlich ausgewogener Blick, aber sie kommen auch nicht um ein, vermutlich in den Mund gelegtes "Ich war mal ein Junge!" und die grossen Letter "SIE wusste früh, dass ER ein Mädchen ist!" aus... und natürlich redet auch die Bild von "Geschlechtsumwandlung".

Ich bin erstaunt, dass die deutschsprachigen Boulevardmedien sich etwas besser tun. Vielleicht haben die vielen Proteste nach der Berichterstattung über Lorielle London (siehe z.B. Berichte auf Mut23.de bzw Homepage des Vereins Aktion Transexualität und Menschenrecht E.V.) etwas gebracht haben.

Nachtrag 2: Laut "The Lesbian and Gay Foundation" hat die "Queer youth foundation" Zahlreiche Beschwerden wegen der Berichterstattung der Sun eingereicht. Besonderst ging es dabei um eine Kolumne von Jon Gaunt in der er Kim Petras fehlgeleitet, leicht Krank, Unverschämt bezeichnete und von ihrer Operation als schwere Verstümmelung gesprochen hat. Auch ein Vergleich mit Michael Jackson blieb nicht aus "Und sie dachten, er währe seltsam?"

Donnerstag, 9. Juli 2009

Manchmal reagieren die Medien doch...

Ein Interview mit der Kunstfigur Brüno war auf der Webseite der Zeitung "Zeit" mit folgendem Teaser auf der Startseite verlinkt:

http://www.zeit.de/online/2009/28/interview-brueno

Ab heute ist der schwule Modereporter Brüno nicht nur auf den Laufstegen der Welt unterwegs, sondern auch in den deutschen Kinos. Ein Gespräch über Trends und Transen

Transen? Erstens ist im ganzen "Interview" nichts über irgendwelche Trans-Betroffenen zu lesen, zweitens nährt das das Missverständnis, dass sexuelle Orientierung etwas mit Transvestiten, Transgendern oder Transsexuellen zu tun hat. Eine Assozation dieweder Homosexuelle noch Transbetroffene so sehen wollen. In einem Kommentar führte ich diese Bedenken und auch die gegenüber dem Schimpfwort "Transe" aus... und siehe, der Teaser wurde geändert.

Auch wenn es Ärgerlich ist, dass so etwas überhaupt erst passiert ist, gratuliere ich der Zeit doch, dass sie sich so schnell um Korrektur bemüht hat.