Dienstag, 23. September 2008

Out and proud?

Die Anerkennung von Transsexualität und Transgender als etwas Alltägliches und Normales hinkt der Anerkennung von Homo- und Bisexualität um Jahrzehnte hinterher. Ein wenig hat dies mit der 1973 erfolgten Entfernung von Homosexualität aus dem Diagnosebuch für Geisteskrankheiten (DSM) zu tun, aber da steht auch heute noch BDSM (Bondage, Sado, Maso) drin, während entsprechende Sexualpraktiken heute in Magazinen wie Cosmopolitan von Sexualtherapeuten regelrecht empfohlen werden.
Das hängt auch mit der Unsichtbarkeit von transsexuellen Menschen zusammen. Obwohl die Prävelanz bei geschätzten 1:500 liegt, werden sie kaum bemerkt. Und so prägen meist wenige, bekannt gewordene Personen das Bild. In der Schweiz sind das zum Beispiel Coco und Nadja Brönimann.

Coco war eine sehr gutaussehende Frau, die aber unter schweren Depressionen litt und sich zuletzt, nach mehreren gescheiterten Versuchen, umbrachte.
http://www.transensyndikat.net/info/coco.htm

Nadjas Geschichte ist auch sehr vom Leiden geprägt, in dem Fall aber durch unsachgemässe medizinische Behandlung und zu allem Überfluss hat sie auch noch ausgesprochen stark mit der Verträglichkeit von Hormonen und anderen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen.
http://www.20min.ch/community/chat-events-archiv/story/27752886
Und so kommt es, dass Schweizer Transsexualität fast ausschliesslich mit Leiden in Verbindung bringen, und das eine Operation nicht wirklich hilft.

Warum aber sind so wenig Transsexuelle in der Öffentlichkeit? Warum nicht Out and Proud und somit der Community eine Stütze?
Die Frage ist zu beantworten. Wenn ein homosexueller Mensch in der Öffentlichkeit bekannt ist, kann das Pöpeleien, Gewaltakte oder berufliche Schwierigkeiten bedeuten. Aber z.B. ist es eher Hilfreich bei der Partnersuche. Und dank der langen Zeit in der sich schon viele Homosexuelle mehr oder weniger Freiwillig geoutet haben, steht Homosexualität auch nicht mehr im Vordergrund.
Anderst ist das bei öffentlich Bekannten Transsexuellen. Nadja zum Beispiel wird kaum irgendwo erwähnt ohne Ihren Titel „Bekannteste Transsexuelle der Schweiz“, Alecs Recher, der sich Aufgrund seiner geplanten politischen Aktivitäten quer durch die Presse geoutet hat, ist „Der erste transsexuelle Politiker“. Die Deutsche Kim Petras ist „Die jüngste Transsexuelle“, Thomas Beatty „der erste Schwangere Mann“ – Das sind Label, die ewig haften bleiben und im Gegensatz zu homo- oder bisexuellen Menschen wird, ist man erst einmal als Transsexuell bekannt die Partnersuche extrem Schwierig. Zusätzlich zu den Problemen, die auch Homosexuelle kennen.
Kim Petras hat mit Ihrem Auftritt bei Stern TV transsexuellen Kindern und deren Eltern Mut gemacht und damit sehr viel für die Behandlung transsexueller Kinder beigetragen, aber sie bezahlt einen hohen Preis. Sie hat es zwar verstanden, ihre Prominenz zu vermarkten und hat einen Plattenvertrag gewonnen, doch in den Kommentaren zu ihrem bei YouTube veröffentlichen Erstling sieht man leider nur zu gut, was ich meine.